Wirtschaft

Mitarbeiter von MAN Truck & Bus arbeiten an einer Produktionsstraße an einem LKW. Das Foto stammt aus dem Jahr 2018. Aktuell arbeiten rund 8000 Menschen im größten Werk des Fahrzeugbauers. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

03.01.2025

Zoff um Arbeitnehmervertretung bei MAN

Rücktritt des Betriebsrats: Das Münchner Stammwerk des Fahrzeugbauers MAN wählt 2025 vorzeitig eine neue Arbeitnehmervertretung – Hintergrund ist die Wahlanfechtung durch eine unterlegene Liste

Das Münchner Stammwerk von MAN wählt vorzeitig und außerordentlich einen neuen Betriebsrat. Entsprechende Informationen der Staatszeitung bestätigte die Arbeitnehmervertretung auf Anfrage. Die Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Karina Schnur sagt: „Am Standort München der MAN Truck und Bus SE wird im Jahr 2025 ein neuer Betriebsrat gewählt.“ Der Standort in der Landeshauptstadt ist nach Firmenangaben mit rund 8000 Beschäftigten das größte Werk des zu Volkswagen gehörenden bayerischen Nutzfahrzeugherstellers.

„Hintergrund ist der aktuelle Prozess vor dem Bundesarbeitsgericht in Bezug auf die Wahlanfechtung der Betriebsratswahl 2022. Regulär wäre eigentlich erst 2026 neu gewählt worden“, erläutert Schnur. Über das Motiv der Arbeitnehmervertretung sagt die bisherige Vorsitzende des Münchner Betriebsrats: „Wir als Betriebsratsgremium möchten verhindern, dass nach einem Urteilsspruch des Bundesarbeitsgerichts eine betriebsratslose Zeit am Standort München eintritt.“

"Betriebsratslose Zeit verhindern"

Denn eine unterlegene Liste hatte die Betriebsratswahl 2022, bei der Vertreter der IG Metall als Sieger hervorgingen, vor Gericht angefochten. Mehrere nicht gewählte Mitarbeiter führten an, es sei „gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlrechts verstoßen worden“. So habe sich aus dem Wahlausschreiben nicht ergeben, um welche Beschäftigte es sich bei der Wahl genau handeln solle und von welchem „Betrieb“ die Rede sei. Auch seien mehrere Unternehmensteile, in denen gewählt wurde, in Wahrheit „selbstständige Betriebe“. Deren Mitarbeiter wären demnach überhaupt nicht wahlberechtigt gewesen, argumentierten die Kläger. So zumindest steht es in einem der Staatszeitung vorliegenden Urteil des Landesarbeitsgerichts München.

Hinzu kamen weitere Vorwürfe: Die unterlegene Liste hätte im Unternehmen nicht ausreichend für sich werben dürfen. Auch sei die Wahl unzulässig behindert worden.

Der Betriebsrat widersprach vor Gericht: Es habe keine Verstöße gegen wesentliche Vorschriften vorgelegen. Die betriebliche Einheit, in der die Wahl durchzuführen gewesen sei, sei korrekt bestimmt worden. Die Zahl der Beschäftigten sei zutreffend erfasst worden. Es habe keine unzulässige Einschränkung der Wahlwerbung im Betrieb gegeben. Auch sämtliche weiteren Vorwürfe wies die Arbeitnehmervertretung zurück.

Landesarbeitsgericht entscheidet gegen Betriebsrat

Zwar verfing der Vorwurf der Wahlbeeinflussung und -behinderung beim Münchner Arbeitsgericht nicht. Doch die Richter erklärten die Wahl wegen „einer Verkennung des Betriebsbegriffs“ im Dezember 2022 für unwirksam. Der Wahlvorstand sei bei der Betriebsratswahl zu Unrecht von dem Bestehen eines gemeinsamen Betriebs ausgegangen. Konkret war es etwa darum gegangen, ob Mitarbeiter eines Gastro- und Catering-Bereichs sowie eines Service-Dienstleisters für liegen gebliebene Fahrzeuge zum Betrieb selbst gehören.

Eine im Mai 2023 eingelegte Beschwerde vor dem Landesarbeitsgericht blieb erfolglos. Daher wandte sich der Betriebsrat an das Bundesarbeitsgericht. Ein Gerichtssprecher bestätigte den Eingang der Beschwerde – einen konkreten Verhandlungstermin gebe es aber noch nicht.

Offensichtlich hält man beim IG-Metall-dominierten Betriebsrat die Erfolgsaussichten in Erfurt für überschaubar. Bei einer außerordentlichen Sitzung des Münchner MAN-Betriebsrats am 11. Dezember 2024 standen neben anderen Dingen wie Kurzarbeit deshalb auch die Punkte „Rücktritt des Betriebsrats“ sowie „Bestellung eines Wahlvorstands für die Betriebsratswahl“ auf der der Staatszeitung vorliegenden Tagesordnung. Seitens eines Arbeitnehmervertreters hieß es, der Betriebsrat habe geschlossen für eine Neuwahl gestimmt. Einen konkreten Termin für die Neuwahl gibt es dem Vernehmen nach noch nicht.

Klar ist: MAN braucht einen starken Betriebsrat. Denn zuletzt zogen düstere Wolken über dem Fahrzeugbauer auf. Der Münchner Lkw- und Bus-Hersteller, der zur VW-Tochter Traton gehört, schwächelt zunehmend. „MAN leidet unter einem besonders schwachen deutschen Markt“, sagte Traton-Chef Christian Levin jüngst und sprach von einer „herausfordernden Situation“. Im dritten Quartal brach der Umsatz der Marke um 15 Prozent auf rund 3 Milliarden Euro ein, auch der Gewinn sank. Ein erheblicher Teil der weltweit rund 33 000 Beschäftigten des Unternehmens arbeitet in Bayern.

MAN hat nach eigenen Angaben die Leiharbeit bereits zurückgefahren, Stundenkonten abgebaut, Schichten gestrichen. Zudem gibt es seit Sommer in München und an anderen deutschen Standorten Kurzarbeit. Auch hat das Unternehmen hierzulande seit 2020 bereits über 3000 feste Stellen abgebaut.

MAN-Chef Alexander Vlaskamp sagte Anfang Dezember, er wünsche sich zum Beispiel bessere Abschreibungsregeln, wenn Transportfirmen in Elektrofahrzeuge investieren. Doch der politische Kurs sei „im Moment unklar“. Deshalb würden die meisten Spediteure und Transportfirmen erst einmal abwarten. „Das schlägt sich in einem drastischen Rückgang der Bestellungen nieder.“ Da sich die Lage derzeit zuspitze, „reichen schon jetzt Instrumente wie Kurzarbeit nicht mehr aus, um den Schaden in Grenzen zu halten. 2025 werde „in dieser Hinsicht ein besonders herausforderndes Jahr“. Der Betriebsrat könnte vor stürmischen Zeiten stehen. (Tobias Lill)

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