Wirtschaft

Mitten im Bayerischen Wald gibt es ein Modehaus mit 9000 Quadratmetern Verkaufsfläche, mit rund 500 Mitarbeitern und einem Sortiment, das so ziemlich alles umfasst, was in der Welt der schönen Textilien Rang und Namen hat – das macht den unbedarften Besucher zunächst fassungslos. (Foto: Garhammer)

23.08.2019

Der Einkauf als Gesamtkunstwerk

In Waldkirchen steht ein Modehaus der besonderen Art

Leere Läden und viel Ramsch: Über den Einzelhandel in bayerischen Städten wird oft gejammert. Ein Modehaus in einem kleinen Ort mitten im Bayerischen Wald zeigt, dass es auch anders geht, dass man mit Qualität und Kreativität sogar international erfolgreich sein kann.

Johannes Huber plant einen kurzen Ausflug nach Paris. Auf dem Programm stehen aber weder Eiffelturm noch Louvre. „Wir schauen uns in den eineinhalb Tagen rund 20 Shops an, werden Eindrücke sammeln, die für uns wichtig sein können.“ Solche Informationsreisen gehören für Huber zum geschäftlichen Alltag. Als Mitinhaber eines Modehauses muss er aktuelle Trends früh erkennen. Paris ist da natürlich eine der ersten Adressen und das Familienunternehmen von Huber ist, auch wenn es ziemlich abgelegen nördlich von Passau mitten im Bayerischen Wald residiert, nicht irgendein Modegeschäft mit ein paar bunt dekorierten Schaufenstern.

Eine Institution


Das Modehaus Garhammer in Waldkirchen ist eine Institution und in der Region zwischen Passau und Furth im Wald so bekannt und populär wie Bärwurz und Drachenstechen. Waldkirchen ist eine Kleinstadt mit gut 10.000 Einwohnern im Landkreis Freyung-Grafenau, umgeben von hügeligen Wiesen und dunklen Wäldern in einer dünn besiedelten Landschaft, die typisch ist für den Unteren Bayerischen Wald. Dass hier ein Modehaus steht mit 9000 Quadratmetern Verkaufsfläche, mit rund 500 Mitarbeitern und einem Sortiment, das so ziemlich alles umfasst, was in der Welt der schönen Textilien Rang und Namen hat, das macht den unbedarften Besucher zunächst fassungslos.

Rein flächenmäßig ist Garhammer größer als Lodenfrey in München oder Galeries Lafayette in Berlin. Unter den zahlreichen Auszeichnungen befinden sich der Titel „Store of the Year“ und eine Nominierung für den World Retail Award. Der Garhammer-Kunde mag zwar eine etwas längere Anreise haben, aber er oder sie parkt im unternehmenseigenen, eben fertiggestellten modernen Parkhaus, das im Gegensatz zum Parken in der Großstadt gratis ist, kann dort kostenlos auch sein Elektroauto aufladen, in der großzügigen Bäckerei im Erdgeschoss einen ersten Kaffee trinken. Rechts neben dem Eingang ist ein Tresen für die erste Beratung, sind die verschiedenen Abteilungen luftig arrangiert, dezent dekoriert und nach Marken übersichtlich aufgeteilt.

Auch für Modegeschäfte der gehobenen Kategorie ist die Zahl der Mitarbeiter ungewöhnlich hoch. Das wirkt sehr diskret und unaufdringlich, und das soll es auch sein. Zu dem Erfolgsrezept von Garhammer gehört, dass man nach Belieben allein durch die Etagen flanieren, sich aber auch ausführlich beraten lassen kann. Personal Shopping heißt das und dürfte für viele Neukunden eine Schlüsselerfahrung sein. Zwei Drittel der Kundschaft sind bei Garhammer weiblich. Er oder sie wird von einer persönlichen Beraterin betreut, kann vorab schon die Konfektionsgröße und modischen Präferenzen angeben, aus denen dann die Garhammer-Mitarbeiter bereits eine Vorauswahl treffen. Das Ganze kann mit einem individuellen Termin verbunden werden, was dem Shoppingausflug viel von seinem sonst gewohnten Stress nimmt. Der Effekt ist freilich nicht der, dass alles schneller gehen soll, sondern dass sich die Kunden wohlfühlen. Und dann bleiben sie auch länger. Hier ist es ganz normal, dass Kunden/Kundinnen vier bis fünf Stunden im Haus sind, die Zeit mit Aussuchen und Anproben verbringen, dazwischen in den Verkostungsstationen kleine Leckereien kosten, im Café Mocca einen Kaffee trinken oder sich im Lido Eiszeit ein italienisches Gelato gönnen. Geht man davon aus, dass viele Kunden mehrstündige Anreisen hinter sich haben, dann ist auch das Restaurant im obersten Geschoss eine sinnvolle Einrichtung.

Mit Michelinstern dekoriert


Im firmeneigenen, mit Michelinstern dekorierten Gourmetrestaurant Johanns, benannt nach dem Firmengründer Johann Garhammer, wird regionale Küche kreativ interpretiert. Das Restaurant mit seinem Küchenchef Michael Simon Reis mag man symbolhaft für die Firmenphilosophie von Garhammer sehen. Es verknüpft regionales Bewusstsein mit internationaler Innovation. Reis selbst ist gebürtiger Waldkirchner, der davor im renommierten Steirereck in Wien gekocht hat.

Trotz des auch für internationale Maßstäbe außergewöhnlichen Erfolgs ist Garhammer ein traditionsbewusstes Familienunternehmen geblieben. Begonnen hat die Geschichte mit der Gründung eines Kolonialwarenhandels durch Johann Garhammer im Jahr 1896. Bereits ein Jahr später kamen Textilwaren hinzu. 1928 hatte der Mode-Almanach, ein erster Verkaufsprospekt, Premiere. In den Folgejahren wurde das Geschäft trotz der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und eines Großbrands während eines Umbaus 1987 kontinuierlich ausgebaut. Heute sind die Brüder Christoph und Johannes Huber Inhaber in der vierten Generation. Während Christoph für Damenoberbekleidung und Young Fashion verantwortlich ist, hat Johannes die Bereiche Herrenmode, Kinderabteilung, Schuhe und Wäsche.

Der Verlockung, sich andere, urbane Standorte zu suchen, haben die Firmenchefs ebenso widerstanden wie dem Ausbau des Onlinehandels. Sie setzen dagegen auf klassischen Direktverkauf und auf hochwertigen Service, auf das Einkaufen als Gesamtkunstwerk. Waren die Kunden anfangs aus der Region, kamen bald die nahe gelegenen Städte Passau, Deggendorf, Straubing und Regensburg hinzu, sind mittlerweile mehr als 3000 Kundenkarteninhaber aus München und ist das benachbarte Österreich seit Jahren ein Stammmarkt. Dabei lebt das Unternehmen vor allem von der Mund-zu-Mund-Werbung. „Acht von zehn Neukunden, die ich anspreche, kommen aufgrund persönlicher Empfehlungen“, erzählt Johannes Huber. Es zieht auch viele Einzelhändler nach Waldkirchen, die herausfinden wollen, was an dem Phänomen Garhammer dran ist und warum die so erfolgreich sind.

Garhammer arbeitet mit Hotels in der Region zusammen, bietet für deren Gäste einen Shuttleservice an. Mittlerweile, so Johannes Huber, gibt es viele Kunden, die hier gezielt Urlaub buchen, um das mit dem Shopping bei Garhammer zu verbinden. Das liegt auch an den vielen kleinen Details, an Dingen, die das Einkaufen einfach machen, und an dem umfassenden Service. Dafür sorgen auch die 18 Mitarbeiterinnen im hauseigenen Schneideratelier. „Und deshalb“, so Johannes Huber, „liegen bei uns die Männermagazine nicht in der Herrenabteilung auf, sondern in der Damenabteilung, damit der männlichen Begleitung nicht langweilig wird, wenn die Damen shoppen.“
(Georg Weindl)

Kommentare (1)

  1. Sybille am 26.08.2019
    Ich war im Juli wieder auf der Sonnenalm und da gehört ein garhammer Einkauf einfach dazu.,und komme alle Jahre gerne wieder .
    Meine Freundin war diesmal auch dabei total begeistert.

    Was ich sehr schätze ist die gute Beratung ,
    Leider ist es von Marktheidenfeld bis nach Waldkirchen immer ein sehr langer Weg ,aber auch hier bei uns ist garhammer ein Begriff ,wenn man sagt,ich war im bay.wald wird sofort gefragt warst auch beim Garhammer!
    Wünsche euch weiterhin gute Geschäfte bis zum nächsten Besuch .
    Sybille Hauguth
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