Wirtschaft

Fasziniert von der "Power-to-Gas"-Technologie sind Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und der Landesvorsitzenden des CSU-Arbeitskreises „Energiewende“, Siegfried Balleis. (Foto: Schweinfurth)

17.10.2014

Die Alternative zu Stromtrassen?

Der „Power-to-Gas-Gipfel“ des CSU-Arbeitskreises „Energiewende“ informierte sich über Speichermöglichkeiten von Wind- und Sonnenstrom sowie Wasserstoff

Damit Bayerns Wirtschaft nach dem Abschalten der Atommeiler noch genügend Strom hat, muss Windstrom von Deutschlands Küsten in den Freistaat transportiert werden. Doch die Bevölkerung akzeptiert keine „Monster-Stromtrassen“. Ein Weg, um aus dem Dilemma herauszukommmen, könnte LOHC sein. Hinter der Abkürzung verbirgt sich der Liquid Organic Hydrogen Carrier, der flüssige, organische Wasserstoffträger. Was es damit auf sich hat, verdeutlichte Daniel Teichmann, Geschäftsführer der Hydrogenious Technologies GmbH aus Erlangen beim „Power-to-Gas-Gipfel“ im Rahmen der Landesvorstandssitzung des CSU-Arbeitskreises „Energiewende“ im Konferenzcenter der Audi AG in Ingolstadt, den der Landesvorsitzende des Arbeitskreises, Erlangens Alt-Oberbürgermeister Siegfried Balleis (CSU), moderierte. Wasserstoff einfach und sicher speichern „LOHC kann Wasserstoff speichern, einfach und sicher“, betonte Teichmann. Somit könne ein Kilo LOHC zwei Kilowattstunden Strom speichern. Das geschehe mittels Hydrierung (laden) und Dehydrierung (entladen). So könne regenerativ erzeugter Strom „verflüssigt“ und über weite Strecken transportiert werden, zum Beispiel in Tankwagen per Bahn oder Lkw, oder in Pipelines. „Auf diese Weise kann man Windstrom von der Nordsee problemlos per Bahn nach Bayern transportieren“, unterstrich Teichmann. Ein großer Vorteil dieser Technik sei, dass kein Gas zum Einsatz kommt und sie darum völlig ungefährlich sei. Während ein klassisches Pumpspeicherwerk lediglich 0,7 Kilowattstunden pro Kubikmeter speichern kann, sind es bei LOHC 2000 (zum Vergleich: eine Batterie schafft 200). Ebenfalls von Vorteil ist laut Teichmann, dass es bei LOHC keine Selbstentladungseffekte gibt, wie bei der Batterie.
Wie wichtig es der bayerischen Staatsregierung ist, eine Lösung für die Energiewende zu finden, um mit möglichst wenig neuen Stromtrassen auszukommen, illustrierte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU): „Auf Bundesebene wird es jetzt einen Grünbuchprozess zu den Kapazitätsmärkten geben.“ So soll ermittelt werden wie viele und unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen neue konventionelle Kraftwerke auch im Freistaat gebaut werden können. „Denn Versorgungssicherheit hat für einen Industriestandort wie Bayern höchste Priorität“, sagte Aigner. Wegen fehlender Netzstabilität könne man zum Beispiel nicht einfach die Produktion bei Audi für eine Stunde abschalten. Die Energiewende im Auto schaffen Eine weitere wichtige Technik im Rahmen der Energiewende präsentierte Wolfgang Schmid von der Audi AG. „Wie schaffen wir die Energiewende im Auto?“, fragte er rhethorisch in die Runde der rund 50 Arbeitskreis-Teilnehmer. Durch die „Power-to-Gas“-Technologie von Audi. Mittels eines Kohlendioxid-Kreislaufs wird regenerativ erzeugter Strom methanisiert. Das Gas kann dann als Treibstoff für Fahrzeuge genutzt werden. Die entsprechende Anlage hierzu hat Audi in Werlte im Emsland aufgebaut. „Das ist die weltweit erste Power-to-Gas-Anlage in industrieller Dimension“, betonte Schmid. Sie könne innerhalb von 300 Sekunden „hochfahren“ und sei somit als Stromspeicher, der bei Bedarf schnell Energie abgeben kann, ernstzunehmen.
Der Landesvorsitzende des Arbeitskreises Energiewende meinte zu dieser Technik, dass Audi-Chef Rupert Stadler „den g-tron besser bewerben soll und nicht immer nur den großen Audi A8“. Der g-tron ist ein klassischer Audi A3 mit Gas- (Reichweite etwa 400 Kilomter) und Dieseltank (Reichweite zirka 900 Kilomter). Laut Balleis könne sich so eine hervorragende Technik nur durchsetzen, wenn sie auch entsprechend in der Bevölkerung bekannt gemacht werde. Ökostromlösungen vom Kernkraftspezialisten Eine weitere interessante „Power-to-Gas“-Technologie präsentierte Kerstin Gemmer-Berkbilek von Areva Deutschland. Die deutsche Tochter des französischen Atomkonzerns Areva sitzt ebenfalls in Erlangen und entwickelt dort Lösungen für die regenerative Energieerzeugung. So präsentierte sie einen Elektrolyseur mit 1,75 Megawattstunden Leistung, der 250 Haushalte einen Tag lang mit Strom versorgen kann. Die entsprechende Anlage steht auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika. Eine weitere Anlage gibt es im oberfränkischen Arzberg im Rahmen des Projekts „Smart Grid Solar“ (siehe Artikel unten).
Wie wichtig derartige Projekte für das Halten der rund 5000 Areva-Mitarbeiter in Erlangen sind, betonte Balleis: „Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Bundesregierung beschlossen, für den Export von Atomkraftwerkstechnik eine Hermesbürgschaften mehr zu gewähren.“ Das könne für den Standort Erlangen ein enromes Problem werden, wenn Areva die Mitarbeiter wegen dieser politischen Entscheidung abziehe.
Insgesamt vermittelte der „Power-to-Gas“-Gipfel Aufbruchstimmung für die Energiewende. Das Speicherproblem, von dem alle Welt spricht, scheint lösbar zu sein. Wenn im kommenden Jahr via LOHC-Technologie die erste Mustersiedlung in Erlangen in einem gemeinsamen Forschungsprojekt von Uni Erlangen und den Erlanger Stadtwerken startet, wird man wohl sehr schnell sehen, dass dies die Lösung zur Stromspeicherung sein wird. Schon jetzt laufe die entsprechende Versuchsanlage in der Uni Erlangen seit mehr als neun Monaten stabil. Aber es wird nicht die einzige Lösung sein, wie man anhand der Projekt von Audi und Areva sehen kann.
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (2)

  1. Toni Lederle am 07.01.2016
    bei all dem Gerede vermisse ich das Wort " S P A R E N "
  2. Markus am 17.10.2014
    Endlich wird über die Energiewende gesprochen und nicht über Kommerz-STROM-Autobahnen!
    Vielen Dank!
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