Die Corona-Krise bedeutet für viele Unternehmen Einnahmeausfälle und Liquiditätsengpässe. Noch bevor die staatliche Förderbank KfW erste Gelder auszahlte, finanzierten die Hausbanken die Kredite vor. Sonst wäre die Pleitewelle in Deutschland ganz schnell angerollt.
BSZ: Herr Gros, die Corona-Krise ist weltumspannend. Mitglieder ihres Verbands sind Volksbanken und Raiffeisenbanken. Ist das Konzept der Hausbank angesichts einer solchen globalen Krise nicht überholt?
Jürgen Gros: Im Gegenteil! Es stimmt schon, Hausbank, schon das Wort klingt heimelig: Es klingt nach Dorfidyll mit Kirche, Wirtshaus und schmuck herausgeputzter Bankfiliale. Was dahintersteckt, ist aber so viel mehr als Nostalgie und die wohlige Gewissheit, dass dort das eigene Geld in guten Händen ist. Die Corona-Krise hat es deutlich gemacht, dass die Banken sehr gefordert sind. Und eines hat sich dabei herausgestellt: Ohne die Hausbanken würde die Krise wohl noch weit schlimmer verlaufen. Das Konzept der Hausbank ist modern, es bewährt sich immer wieder und es hat seine Anpassungs- und Krisenfestigkeit bereits mehrfach unter Beweis gestellt und tut dies auch jetzt wieder.

BSZ: Ohne Hausbanken wäre die Krise schlimmer verlaufen, sagen Sie. Wie das? Kreditgeber sind doch die Förderbanken KfW und LfA.
Gros: Ja, KfW und LfA haben wuchtige Kreditprogramme aufgelegt, um die Rettungsversprechen der Politik zu erfüllen. Und doch hat kaum ein Kreditnehmer die Zentrale dieser staatlichen Institute je von innen gesehen. Denn abgewickelt wurde und wird alles über die Institute vor der Haustüre. Diese sind in allen Belangen erster Ansprechpartner und auch nach wie vor die größten Kreditgeber. Das gilt auch für die neu aufgelegten Schnellkredite.
BSZ: Was bedeutet das?
Gros: Kredite sind unerlässlich, um die Krise durchzustehen. Sie haben es eben selbst gesagt: Die Kredite kommen doch von den Förderbanken, ist dann häufig zu hören. Aber die Realität sieht anders aus. Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken haben bisher 55 Prozent der Kredite aus eigenen Mitteln finanziert. 30 Prozent gingen in die Bücher der KfW, 15 Prozent in jene der LfA.
BSZ: Warum ist das so? Zumal mitunter die Klage zu hören ist, die Hilfen kämen nicht an. Zögern die Banken damit, die Förderkredite zu vermitteln?
Gros: Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Der „One Size Fits All“Ansatz der Förderbanken passt schlicht nicht zu jedem Anliegen. Die Kreditmodelle der Hausbanken sind oft einfacher, schneller und so individuell geschneidert, wie es Förderbanken niemals anbieten könnten. Die Regionalbanken haben hier mit ihren kurzen Entscheidungswegen einen unschätzbaren Vorteil. Da dauert es auch nicht Wochen von der Ankündigung eines Kreditprogramms bis zur Umsetzung. Hinzu kommt: Längst nicht jeder Unternehmer, der wegen der Corona-Pandemie auf einmal von finanziellen Sorgen geplagt wird, will sich auf einen Kredit einlassen, der die Firma auf Jahre belastet.
BSZ: Manche Kreditnehmer bevorzugen also die Angebote der Hausbanken und manche wollen gar kein Darlehen. Wie lässt sich diese Aussage belegen?
Gros: Die Zahlen zeigen eindeutig, dass es längst nicht nur um Kredite geht. Im Gegenteil: Während die bayerischen Kreditgenossenschaften Anfang April pro Tag 1500 Kreditanfragen zu bearbeiten hatten, landeten gleichzeitig 1900 Anträge auf Stundung laufender Kredite auf den Schreibtischen der Bankberater. Viele Kunden brauchen im Moment keinen Kredit, sondern lediglich ein wenig Zahlungsaufschub auf bestehende Darlehen. Stundungen sind ein Instrument, das die Kunden nachfragen, um die Krise zu überstehen. Auf solche Anliegen gehen die Hausbanken individuell ein.
BSZ: Die Hausbanken haben also nichts verschleppt …
Gros: Im Gegenteil. Andersherum wird ein Schuh draus. Die Hausbanken erfüllen nicht nur ihre Funktion als Kreditgeber, sondern auch als Finanzierer staatlicher Gelder, die längst nicht so prompt flossen, wie es oft den Eindruck macht. Tagelang war etwa das Angebot der KfW lediglich im Schaufenster der staatlichen Bank gestanden. Ausgezahlt wurden die Kredite nicht vor dem 6. April – da hatten viele Unternehmen längst Liquiditätsengpässe. Geld erhalten haben Unternehmen indes bereits vorher, weil die Hausbanken das von der KfW versprochene Geld vorgestreckt haben. Ähnlich ist das jetzt bei den Schnellkrediten.
BSZ: Übertreiben es die Banken mit der Kreditprüfung und verschwenden damit wertvolle Zeit?
Gros: Eine solche Sichtweise darf man getrost als Legende abtun. Trotz Erleichterungen müssen die Banken nach wie vor die von ihnen vergebenen Kredite entsprechend aufsichtsrechtlicher Vorgaben oder der Richtlinien von Förderbanken prüfen. Denn weder ist die Kreditprüfung hinfällig – auch nicht bei Schnellkrediten –, noch ist es den Banken egal, welchen Kredit sie da an KfW und LfA „durchreichen“. Das ist auch im Interesse der Kreditnehmer. Denn durch eine ordentliche Kreditprüfung erhalten sie Sicherheit, ob ein Kredit auf ihre Bedürfnisse passt. Und trotz aller Sorgfalt geht das bei den Hausbanken schnell. Oft wird der Kredit durch die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken in einem bis drei Tage gewährt. Die Ablehnungsquote bei den bayerischen Kreditgenossenschaften liegt lediglich bei 5,5 Prozent. Die Hausbanken arbeiten schnell und effizient.
BSZ: KfW und LfA haben zuletzt Schnellkredite aufgelegt, Sie haben es erwähnt. Wie verhält es sich mit denen?
Gros: Diese sind ein wichtiges Instrument – schließen sie doch eine bisherige Lücke und sind vor allem auf die Bedürfnisse von kleineren Gewerbetreibenden und mittelständischen Betrieben zugeschnitten. Und auch mit ihren Laufzeiten von bis zu zehn Jahren kommen sie der Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer entgegen. Die Förderbanken übernehmen bei den Schnellkrediten 100 Prozent des Haftungsrisikos, was den Prozess beschleunigt, wozu auch eine vereinfachte, aber dennoch sorgfältige Kreditprüfung beiträgt. Diese obliegt, ebenso wie Kreditantrag und Auszahlung, der Hausbank. Denn die Förderbanken verfügen gar nicht über die Infrastruktur, um die Masse an Kreditanfragen zu bewältigen. Ohne die Hausbanken würden auch diese Förderkredite nie bei den Kreditnehmern ankommen. Das unterstreicht einmal mehr, wie zentral die Rolle der Hausbanken bei der Bewältigung der Krise ist.
(Interview: Ralph Schweinfurth)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!