Balkonsolaranlagen werden immer beliebter. Für Bayerns Energie- und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) stellen Mini-Photovoltaikanlagen einen Beitrag zur Energiewende dar, den alle Menschen daheim umsetzen können. Doch was bringt so ein Ding?
Ein Standardsolarmodul mit 380 Watt Leistung, das verschattungsfrei an einem Südbalkon montiert wurde, liefert laut einer Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums etwa 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Damit kann man in etwa den jährlichen Verbrauch einer handelsüblichen Waschmaschine oder eines Kühlschranks für einen Zweipersonenhaushalt decken.
Anlage bringt schon etwas
„Die Leute merken sehr schnell, dass so eine Anlage mit 600 Watt Spitzenleistung schon etwas bringt, aber eben nicht genug, um einen wirklich relevanten Beitrag für die eigene Stromversorgung beizusteuern“, sagt Detlef Fischer, Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). Er geht sogar von rund 500 Kilowattstunden selbst erzeugtem Balkonstrom aus. „Balkon-PV ist quasi nur die Einstiegsdroge. Wer mehr Fläche zur Verfügung hat, baut sich dann meist wenig später eine richtige PV-Anlage auf das Dach“, meint Fischer. Häufig komme dann auch noch ein Speicher im Keller dazu und irgendwann auch das Elektroauto.
Wer zur Miete wohnt, kann das aber nicht. Diese Menschen können nur darauf hoffen, dass das Bundeswirtschaftsministerium mit seinem Plan schnell ernst macht. Es will die bisherige 600-Watt-Schwelle auf 800 Watt anheben. Damit läge Deutschland wieder gleichauf mit allen anderen Ländern in der EU. Die EU-Kommission hatte von Anfang an die 800-Watt-Grenze für Balkonsolaranlagen vorgesehen. Hierzulande hat man die 600-Watt-Grenze eingeführt, um die Stabilität des Stromnetzes nicht zu gefährden, wenn zu viel Sonnenstrom eingespeist wird. Wenn jetzt mehr möglich wird, ist das gut. Denn nicht nur Energieminister Aiwanger setzt sich für einen beschleunigten Ausbau der Solarenergie ein.
Bayern ist Solarspitzenreiter in Deutschland
Hierbei ist Bayern auf einem sehr guten Weg. Zum 31. Dezember 2022 waren in Bayern bereits rund 750.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 18,6 Gigawatt in Betrieb. Damit war der Freistaat 2022 unangefochtener Spitzenreiter in Deutschland. Denn auf Platz zwei folgte mit 8,3 Gigawatt Nachbar Baden-Württemberg und auf Platz drei Nordrhein-Westfalen mit rund 7,5 Gigawatt. Allein 2022 wurden in Bayern Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von rund 2.1 GWp (Gigawatt peak) hinzugebaut. Das entspricht einem Zuwachs der jährlichen installierten Leistung um 38 Prozent im Vergleich zu 2021. Dieser Aufwärtstrend setzt sich laut einer Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums auch 2023 weiter fort.
Doch wer haftet, wenn so eine Balkonsolaranlage abstürzt? Die Haftung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Haften können Mieter, Vermieter, aber auch Hersteller und Monteur der Anlage, abhängig davon, auf welcher Seite und zu welchem Grad das Verschulden beziehungsweise das Verletzen der Verkehrssicherungspflichten oder der Produkthaftung vorliegt. „Wir empfehlen daher, auf eine sachgerechte Montage beziehungsweise den Betrieb zu achten und über ausreichenden Versicherungsschutz zu verfügen“, so die Ministeriumssprecherin.
In fünf Jahren amortisiert
Für die Installation der Balkonsolaranlage braucht man eine Steckdose auf dem Balkon. Über diese wird der Strom ins eigene Netz eingespeist. Eine steckerfertige Anlage mit zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter und dem Befestigungsset fürs Balkongeländer bekommt man ab 700 Euro. Bei günstigen Bedingungen hat man das Geld nach fünf Jahren wieder rein, weil man ja weniger Strom kaufen musste. Und die Solarmodule selbst können 20 bis 25 Jahre halten. Ein ordentlicher Wechselrichter sollte mindestens zehn Jahre durchhalten.
Vom Energieversorger ist keine Genehmigung notwendig. Man muss das Balkonkraftwerk aber bei seinem Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur über ein Internetformular anmelden. Das dauert in der Regel 5 bis 10 Minuten.
Balkonsolaranlagen sind also durchaus eine sinnvolle, wenn auch ästhetisch nicht unbedingt ansprechende Sache. Balkone an Hochhäusern oder Mietskasernen mit solchen Anlagen zu bestücken, mag den optisch nicht so herausragenden Gebäuden keinen Abbruch tun. An den Holzbalkon eines oberbayerischen Bauernhofs so ein Ding zu schrauben, dürfte dann schon stilistischer Frevel sein.
(Ralph Schweinfurth)
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