Wirtschaft

Für die Börsenaufsicht Bafin war der Fall Wirecard ein Debakel: Vom mutmaßlichen Milliardenbetrug bekam die Behörde nichts mit. Nun sagt erstmals ein Beamter der Behörde im Wirecard-Prozess aus. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

26.03.2025

Ein Debakel für die Börsenaufsicht

Vom mutmaßlichen Milliardenbetrug bei Wirecard bekam die Behörde nichts mit

Im Wirecard-Skandal hat die Finanzaufsicht Bafin das Offensichtliche festgestellt: Die mutmaßlich jahrelang falschen Geschäftszahlen des 2020 kollabierten Dax-Konzerns trieben die Börsenkurse in die Höhe. Das sagte ein als Gutachter und Zeuge geladener Mitarbeiter der Bundesbehörde im Münchner Strafprozess um den größten Fall von Wirtschaftsbetrug in Deutschland nach 1945. "Wir hätten einen sehr starken Kursrückgang gesehen, wenn das so bekannt gewesen wäre", sagte der 44 Jahre altes Bundesbeamte.

Die Bafin war im Zuge des Skandals in die Kritik geraten, weil die Aufsicht von Bilanzmanipulationen bei Wirecard lange nichts bemerkte. Stattdessen hatte die Behörde Anzeige gegen den britischen Journalisten Dan McCrum erstattet, der mit jahrelangen Recherchen den Skandal aufdeckte. Im Januar 2021 räumte der damalige Bafin-Chef Felix Hufeld nach monatelangen Vorwürfen gegen die Behörde schließlich seinen Stuhl.

Nach der Insolvenz gab die Münchner Staatsanwaltschaft bei der Bafin das Gutachten in Auftrag, über das der 44-Jährige nun vor Gericht berichtete. Der Auftrag: Die Behörde sollte beurteilen, ob die nach Einschätzung der Ermittler seit 2015 falschen Bilanzen des Zahlungsdienstleisters Einfluss auf den Kurs der Wirecard-Aktie hatten. Grundlage waren Berechnungen, bei denen der mutmaßlich erfundene Teil der Wirecard-Umsätze und Gewinne von den mutmaßlich ehrlichen Geschäften abgezogen wurde.

Ohne die angenommenen Scheingeschäfte hätte Wirecard demnach schon 2017 fast 100 Millionen Euro Verlust vor Steuern geschrieben, 2018 dann ein mehr als doppelt so hohes Minus von 190 Millionen Euro verbucht. "Wäre das so bekanntgeworden, wäre das ein großer Anreiz gewesen, Wirecard-Aktien zu verkaufen, oder erst gar nicht zu erwerben", sagte der Beamte. "Das überrascht jetzt nicht, wenn man die Zahlen zugrunde legt", kommentierte der Vorsitzende Richter Markus Födisch.

Die Wirecard-Aktie wurde Anfang 2017 an der Frankfurter Börse für knapp 50 Euro gehandelt und schoss bis zur Aufnahme in den Leitindex Dax im September 2018 auf knapp 200 Euro in die Höhe. Der Insolvenz im Juni 2020 folgte der Crash. Heute macht der vom Insolvenzverwalter weitgehend abgewickelte Konzern zwar keine Geschäfte mehr, doch die Aktie gibt es noch. Der aktuelle Kurs liegt bei unter zwei Cent.
(Carsten Hoefer, dpa)

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