Feelgood-Managerin Eva Muhr schaukelt im Büro des Startup-Unternehmens "adnymics" in München. Die 54-jährige Frau ist bei dem E-Commerce-Dienst, der personifizierte Paketbeileger entwickelt, dafür zuständig, dass sich die Mitarbeiter in der Firma wohlfühlen. Sie soll sich um frisches Obst kümmern, Münchner Geschichten erzählen und als Ansprechpartnerin das Arbeitsklima verbessern. (Foto: dpa)
Kürzlich erst hat Eva Muhr Quiche für alle zubereitet, mit Birnen und Kürbis. Dieses Mal riecht es nach Hühnchen und Kartoffeln, auf einem Beistelltisch liegen frische Tomaten. die einst kargen Bürowände zieren geschmückte Äste.
"Ab sofort suchen wir auf Minijobbasis eine/n Feelgood-Manager (m/w)", heißt es in einer Stellenanzeige, die das Münchner Startup Adnymics vor rund einem Monat in Umlauf brachte. "Wir wollen die Wohlfühlatmosphäre in unserem Unternehmen ausbauen und unseren Horizont erweitern", sagt die 28 Jahre alte Sprecherin der Firma, Cathrin Grolig, der Deutschen Presse-Agentur.
Das junge Unternehmen ist spezialisiert auf die Erstellung von personalisierten, individualisierten Paketbeilagen. Mit Kaffeeecke, Sofas und Tischkicker sorgte die Firma schon früher für ein angenehmes Arbeiten. Nun ging sie einen Schritt weiter.
Auf das Stellengesuch meldeten sich etwa 25 Bewerber, drei von ihnen stellten sich persönlich vor. Die Wahl fiel auf die 54 Jahre alte Eva Muhr. Zweimal pro Woche kauft sie seither für die Firma ein, kocht für die gesamte Belegschaft, bringt Farbe in die grauen Räume der Firma - oder hört ihren Kollegen einfach nur zu.
"Das ist genau das, was ich gerne mache: Ich tobe mich gerne in der Küche aus - und ich tobe mich gerne kreativ aus, mit Basteleien und Verschönerungen", sagt Muhr, die zwei Söhne im Alter von 22 und 25 Jahren hat. "Und ich mag es, mich um Leute zu kümmern." Die studierte Landschaftsplanerin arbeitete in einem Obst- und Gemüsegeschäft, dann suchte sie eine neue Herausforderung. Schließlich wurde sie auf die Anzeige aufmerksam.
In ihrem Team kam die Wohlfühlbeauftragte sofort gut an. Benjamin Gosse aus dem Vertrieb bezeichnet sie als Puzzlestück und wichtigen Baustein. "Weil du dich nicht mehr kümmern musst: Muss die Küche saubergemacht werden? Oder: Geht die Milch wieder aus?"
Auch andere Firmen haben längst erkannt, wie wichtig zufriedene Beschäftigte sind. Der Internet-Dienstleister Jimdo begründet seinen Einsatz von Feelgood-Managern damit, dass man keine ausgelaugten Mitarbeiter wolle, sondern solche, die Lust auf ihre Aufgaben haben.
Monika Kraus-Wildegger vom Online-Portal Goodplace nennt den Feelgood-Manager sogar eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit - durch den Wandel von der Industrie- hin zur Wissensgesellschaft, den Fachkräftemangel, die Digitalisierung und den Wertewandel: "Wenn man diesen Vierklang nimmt, wird der Mensch immer mehr zum unverzichtbaren Produktionsfaktor."
Der Feelgood-Manager sei da, um die Bedürfnisse der Beschäftigten aufzufangen und ein gutes Miteinander zu schaffen, sagt Kraus-Wildegger, die selbst Seminare zum Thema anbietet. Die Spezialisten für Unternehmenskultur sollen für "beste Rahmenbedingungen" sorgen. Davon profitiert wiederum auch die Firma.
Außerdem könnten neue Ideen beim Kickern entstehen. Da dürfe man sich nicht vom äußeren Eindruck täuschen lassen. "Das ist echte Arbeit", sagt Kraus-Wildegger. Der Feelgood-Manager sei eine "urdeutsche Eigenentwicklung", nicht eine Kopie aus den Vereinigten Staaten - auch wenn es die Idee dort eine ähnliche ist: "In immer mehr großen Unternehmen in den USA sorgen Chief Happiness Officer für das Wohl der Mitarbeiter." Während hierzulande der Fokus darauf liege, dass sich die Beschäftigten innerhalb ihrer Arbeitszeit wohlfühlen, gehe es in den USA darum, dass die Mitarbeiter durch das angenehme Umfeld gerne auch Überstunden machen und freiwillig auf mehr Privatleben verzichten.
Deutschlandweit gebe es mittlerweile zwischen 80 und 100 Menschen mit dem ungewöhnlichen Berufsprofil des Feelgood-Managers, zwei Drittel davon seien Frauen. Doch Kraus-Wildegger glaubt, dass sich das bald verschieben könnte und zunehmend Männer den Beruf für sich entdecken.
In dem Münchner Startup, das seit September 2014 besteht, macht sich der Einsatz der Wohlfühlmanagerin offenbar schon bemerkbar. "Ich muss mich in der Früh nicht aus dem Bett quälen. Und ich habe auch kein Problem damit, viele Stunden hier zu sein", sagt Benjamin Gosse. "Das ist sicherlich auch ein Verdienst von der Evi."
(Sina Ojo, dpa)
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