Wirtschaft

Die Platten unter diesen Speziallastern schüttelten Franken ab 2018 durch. (Foto: Wraneschitz)

07.12.2023

Franken wurde durchgerüttelt

Kommt jetzt Geothermie auch in Nordbayern?

Genau vor fünf Jahren war der Start: Ab November 2018 wurde Franken aufgerüttelt. „Aber nur ein wenig. So, wie wenn ein großer Lkw vor dem Haus vorbeifährt“ erklärte Wolfgang Bauer damals das „Geowissenschaftliche Forschungsprojekt 2D-Seismik in Oberfranken“. Beim offiziellen Rüttelstart südlich von Bayreuth in Oberfranken (BSZ berichtete) konnten die Gäste die Schallwellen an den eigenen Füßen spüren.

Bauer, Mitarbeiter des GeoZentrums an der Friedrich-Alexander-Uni Erlangen (FAU) und sein Team wollten die Frage klären: Gibt es im Dreieck zwischen Bamberg, Coburg und Schweinfurt genug unterirdisches Potenzial, um die Wärme aus der Erde für die Heizung von Gebäuden oder andere Energieanwendungen zu nutzen? Mithilfe von Seismik – also per Schallwellen, die in den Untergrund gesandt und wieder aufgefangen werden – galt es zu ermitteln: Gibt es hier in bis zu 6 Kilometern Tiefe „Anomalien“ genannte Orte, an denen sich die Bohrung zur Nutzung der Erdwärme wirklich lohnt?

Erste Ergebnisse

Ende November 2023 steht Bauer im altertümlichen Senatssaal des Kollegienhauses der FAU Erlangen und berichtet über Hintergründe und erste „interessante Ergebnisse“ der zweidimensionalen Seismik-Untersuchungen in Franken. Denn, wie er zu den Rütteltests mit Spezial-Lkw ausdrücklich betont: „Die werden immer noch ausgewertet.“

Warum das Seismik-Forschungsprojekt einst überhaupt gestartet wurde, dafür gibt es laut Bauer im Wesentlichen zwei Gründe. Da sind einmal „die hohen Temperaturen, die bei einer Gasspeichererkundung bei Bamberg in 1000 Metern Tiefe entdeckt wurden“ – das war schon 1971. Und dann hätten die untersuchten Böden in der Gegend rund um Haßfurt „eine Wärmestromdichte aufgewiesen, die in der Spitze vergleichbar sind mit dem Oberrheingraben“. Dort sind schon seit vielen Jahren Geothermieanlagen in Betrieb, die inzwischen sogar zur Gewinnung von Lithium doppelt genutzt werden.

Für die Untersuchung des tiefen geothermischen Potenzials in Franken und der Oberpfalz sei ein multidisziplinärer Ansatz gewählt worden, erläutert Hamed Fazlikhani, der ebenfalls am Erlanger GeoZentrum Nordbayern tätig ist. Denn es gebe hier bislang „nur drei Bohrungen, die bis zum Grundgebirge reichen“. Die von dort hochgeholten Bohrkerne wurden nach 48 Stunden in der 60-grädigen Wärmekammer auf Wärmestromdichte und Porosität gemessen. In Mürsbach nördlich von Bamberg hätte sich ein Wärmestrom von 47 Grad/Kilometer ergeben, ansonsten im Durchschnitt 25 Grad/Kilometer.

„Mehr als erwartet“

Die ab 2018 in Franken durchgeführten Seismik-Messungen hätten insgesamt „deutlich mehr als erwartet“ erbracht, so Wolfgang Bauer. Und – passend zum nahegelegenen Loch in Mürsbach: „Haßfurt ist im Zentrum der Anomalie.“ Angenommen werde, dass in der Tiefe Granitkörper lägen, die zur Wärmegewinnung genutzt werden können. Deshalb sei nun bereits der nächste Schritt geplant: Zwei Bohrungen oberhalb des angenommenen Granits, dann werde mithilfe von 3D-Seismik noch einmal nachgemessen. Und am Ende soll eine 5000 Meter tiefe Bohrung stehen, die Forschenden rechnen damit „Ende des Jahrzehnts“.

Alles in allem soll das Projekt 15 Millionen Euro kosten. Doch Bauer ist „guter Dinge, wir sprechen schon mit den (örtlichen, d.Red.) Versorgern. Denn in fünf Kilometer Tiefe ist die Temperatur zwischen 150 und 160 Grad Celsius, da sind 11 Megawatt (MW) Thermische Leistung zu erzielen.“ Geplant sei ein EGS, ein Enhanced Geothermal System, bei dem 30 Liter pro Sekunde durch die Bohrung fließen sollen.

Bauer berichtet zudem: Vor allem die Autozulieferer im Dreieck zwischen Schweinfurt, Coburg, Bamberg seien interessiert – mittendrin ist das Zentrum der Anomalie Haßfurt, von den genannten drei Städten jeweils etwa 30 Kilometer entfernt. Zunächst „sammeln wir weitere Verbraucher auf dem Weg von Bamberg nach Haßfurt.“ Gesucht seien vor allem Unternehmen, die Wärme und Kälte gleichermaßen brauchen.

Trotz all seiner Sachlichkeit, eines lässt Geo-Forscher Wolfgang Bauer deutlich erkennen: Er würde gerne schneller vorankommen. „Doch ich merke, dass ständig mehr Steine in den Weg gelegt werden. Es entstehen auch immer mehr neue Behörden. Ich merke nicht, dass es leichter wird.“

Dabei gibt es laufend (Lippen-)Bekenntnisse der Politik, den Ausbau der erneuerbaren Energien als Staatsziel bevorzugt zu behandeln. Geothermie könnte viel dazu beitragen – auch in Franken, wie die Erlanger Ergebnisse beweisen.
(Heinz Wraneschitz)

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