Chile hat das Potenzial, ein Schwergewicht in der Erzeugung von grünem Wasserstoff zu werden. Erste Vorhaben werden erfolgreich umgesetzt. Zahlreiche global tätige Unternehmen sind bereits vor Ort tätig und profitieren vom Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft, darunter auch deutsche Firmen.
„Chiles Potenzial für erneuerbare Energieträger liegt bei 1.865 Gigawatt (GW )installierter Leistung. Der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff liegt zwischen 1,3 und 1,5 US-Dollar. Weiterhin hat Chile ein geringes Länderrisiko, eine nationale Wasserstoff-Strategie und viel Platz“ sagte Stefanie Schmitt – Korrespondentin von Germany Trade & Invest (GTAI) in Chile beim Webinar „H2-Update: Chile“, zu dem GTAI vor Kurzem eingeladen hatte.
Chile habe sich im Rahmen seiner Nationalen Grünen Wasserstoffstrategie ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2025 sei eine Elektrolyseur-Kapazität von 5 Gigawatt (GW) geplant. Bis zum Jahr 2030 sollen es 25 GW Elektrolysekapazität bei einem Preis von 1,3 US-Dollar pro Kilogramm grünem Wasserstoff und mindestens 2,5 Milliarden US-Dollar Erlöse aus dem Export von Wasserstoff und seinen Derivaten sein. Bis 2040 wolle Chile der weltgrößte Exporteur für den preisgünstigsten Wasserstoff und seine Derivate werden. Um das Ziel innerhalb von fünf Jahren die Elektrolyse zu verfünffachen zu erreichen, habe die die chilenische Entwicklungsagentur Corfo einen Aufruf gestartet. Sechs Wasserstoffprojekte mit einer kumulierten Elektrolysekapazität von 396 Megawatt seien für die Entwicklung ausgewählt, die durch öffentliche Subventionen in Höhe von insgesamt 50 Millionen US-Dollar finanziert werden. Die ausgewählten Vorschläge sollen Investitionen von 1 Milliarde US-Dollar anziehen und mehr als 45.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren.
Noch kein Markt für Wasserstoff
Noch gebe es keinen Markt für Wasserstoff. Doch Chile gehöre zu den Nachfragepionieren in Sachen grüner Wasserstoff. Schon heute würden 3,5 Prozent Wasserstoff dem Gasnetz beigemengt. Dieser Anteil solle bis auf die maximal möglichen 20 Prozent wachsen. Die eigene Produktion von grünem Ammoniak befände sich mit 18.000 Tonnen im Aufbau, um Sprengstoff für die Minen herzustellen. Nutzfahrzeuge, wie Pick-Ups für den Bergbau und den ÖPNV sollen ebenfalls mit Wasserstoff betrieben werden. Ein weiteres Projekt sei es, grauen durch grünen Wasserstoff in den Raffinerien zu ersetzen. Das Projekt von Linde wurde 2021 ausgeschrieben und befinde sich jetzt in der Verhandlungsphase.
Herausforderungen seien die fehlende Erfahrung bei der Durchführung von großen Projekten, die zeitlich unkalkulierbaren Genehmigungsverfahren und fehlende Steueranreize. Dazu käme die Süßwasser-Knappheit. Das erfordere Meeresentsalzungsanlagen und diese generierten neue Probleme, wie die Lagerung der Sole. Neben dem Fachkräftemangel sei die soziale Akzeptanz ein weiteres Problem. Die Bevölkerung vor Ort habe oft Angst, da sie zurückliegend negative Erfahrungen mit Umweltzerstörung durch ausländische Firmen gemacht habe. Der Investor müsse sich um gesellschaftliche Akzeptanz bemühen, sprich Umweltschutznormen einhalten, Einheimische beschäftigen und für die nötige Ausbildung sorgen. Die Kommunen müssten den Projekten zustimmen, um eine wirtschaftliche und sozial gerechte Situation zu garantieren.
„3,5 Prozent des Stroms in Chile wird von erneuerbaren Energien, wie Wind und Sonne erzeugt. Die Entwicklung ging sehr schnell“, erklärte Veronica Vukasovic, Asesora Senior, Coordinadora PtX Hub Chile-Uruguay von der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Zurzeit gebe es zahlreiche Projekte in unterschiedlichen Phasen. Das Land sei 4.500 Kilometer lang und man beschränke sich auf zwei Regionen. Bis 2030 solle der Norden mit der Atacamawüste 0,6 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr liefern. Der Süden mit dem windreichen Patagonien solle 1,7 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr bis 2030 herstellen.
Ein Projekt im Norden
Im Norden gebe es ein Projekt von GASCO, HyNewGen, Linde, Vopak und Port of Rotterdam für die Entwicklung eines 200 bis 500 MW-Projekts für grünen Wasserstoff in Chile (Projekt TANGO). Ziel sei eine Belieferung Europas mit 172.000 Tonnen grünem Ammoniak pro Jahr ab 2027 und einer zweiten Produktionsphase von 430.000 Tonnen pro Jahr.
Im Süden würden der Sportwagenhersteller Porsche und Siemens Energy in Punta Arenas gemeinsam mit einer Reihe von internationalen Unternehmen eine Industrieanlage zur Herstellung nahezu CO₂-neutralen Kraftstoffs (eFuel) errichten. Die Pilotanlage solle zunächst im Jahr 2022 rund 130.000 Liter eFuels erzeugen. In zwei Stufen werde die Kapazität dann bis 2024 auf rund 55 Millionen Liter eFuels und bis 2026 auf rund 550 Millionen Liter eFuels erweitert.
„Unser Ziel für 2030 sind 150.000 Barrel eFuel pro Tag zu produzieren“, erläuterte Timo Wassermann, Senior Project Manager bei HIF EMEA. Haru Oni in Magallanes, einem der südlichsten Punkte der Welt, sei die erste in Betrieb befindliche eFuels-Anlage der Welt. Sie verwende erneuerbare Energie aus dem Wind in Verbindung mit Elektrolyse in einem geschlossenen CO2-Kreislauf. Dafür werde so viel CO2 in das Molekül eingebaut, wie emittiert werde. Mit einer Windturbinenkapazität von 3,4 Megawatt und einer Elektrolyseurleistung von 1,2 Megawatt werden 130.000 Liter eFuels pro Jahr produziert. Diese nehme Porsche ab und setze sie in seinen Renn-Serien ein. Der ständige starke Wind in der Region sorge für eine Auslastung der Windräder mit 6500 Stunden pro Jahr. Da s sei eine 75-prozentige Auslastung. Im windreichsten Gebiet Deutschland, Schleswig-Holstein hätten Windräder um die 35 Prozent Auslastung. Durch die geringe Bevölkerungsdichte sei der Eigenstrombedarf in diesem Gebiet gering. Geplant sei eine Windleistung von 300 Megawatt.
(Antje Schweinfurth)
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