Wirtschaft

Max Weiß und Charlotte Koller lieben ihren Job. (Foto: Office and Home Management GmbH)

18.07.2024

"Ich habe diesem Land viel zu verdanken"

Der 24-jährige Jungunternehmer Max Weiß über Selbstmotivation, Standorttreue und die Herausforderungen des Unternehmertums in Deutschland

Mit 18 Jahren gründete er seine eigene Social-Media-Agentur. Bald kam die Beratungsfirma WEISS Consulting & Marketing GmbH hinzu, über die er Gründer von Social-Media-Agenturen coacht. Er war am Aufbau eines Kosmetikstudios beteiligt und gründete eine Reinigungsfirma mit derzeit 18 Standorten. Ganz neu ist die Entwicklung einer All-in-One-Plattform, über die Agenturen ihr gesamtes Geschäft abwickeln können.

BSZ: Herr Weiß, woher nehmen Sie Ihre Motivation?
Max Weiß: Tatsächlich denke ich meistens positiv. Das habe ich mir schon früh antrainiert. Als Kind habe ich oft von meinen Eltern oder Lehrern gehört, dass nach der Schule der Ernst des Lebens beginnt. Das war eine schreckliche Vorstellung. Mit dem Start von Instagram 2012 bin ich dann immer mehr Influencern gefolgt. Sie haben mir gezeigt, dass man auch im Job Spaß haben kann. So kam ich sehr früh auf die Idee, dass ich etwas in meinem Leben machen möchte, in dem ich mich voll entfalten kann und das mir entsprechend Spaß macht. Deshalb habe ich mir meine ersten Bücher über Motivation und Mindset gekauft. Da war ich zwölf Jahre alt.

BSZ: Gab es besondere Vorbilder, die Sie inspiriert haben?
Weiß: Keine, die man kennt. Sie kamen alle aus der Fitnessbranche, waren also keine Unternehmer im klassischen Sinne oder Stars.

BSZ: Der Standort Deutschland gerät seit Jahren immer mehr in Verruf: Hohe Steuer- und Lohnnebenkosten, Bürokratie und eine verkrustete Infrastruktur sind nur einige Schlagworte. Würden Sie heute angesichts der Rahmenbedingungen in Deutschland noch einmal ein Unternehmen gründen?
Weiß: Diese Frage beantworte ich mit einem klaren Ja. Natürlich habe ich schon oft ans Auswandern gedacht. Gerade auch, weil viele Unternehmer aus der Online-Marketing-Branche abwandern. Ein begehrter Standort ist beispielsweise Dubai. Die Stadt bietet ein unternehmerfreundliches Umfeld und eine fortschrittliche Infrastruktur. Außerdem investiert Dubai massiv in Technologie und Digitalisierung. Und: Die Steuerbelastung ist deutlich niedriger als hierzulande. Aber ich bin in Deutschland aufgewachsen und habe diesem Land viel zu verdanken. Deshalb habe ich hier gegründet und deshalb gründe ich hier weitere Unternehmen. Ich will hier auch in Zukunft viele Arbeitsplätze schaffen. Das macht mir Spaß.

BSZ: Sie haben 2018 Ihre erste Firma gegründet. Heute coachen Sie selbst Gründer. Was raten Sie ihnen?
Weiß: Ich empfehle Gründern immer, sich auszuprobieren. Sie sollen nicht alles bis ins Detail planen, sondern einfach loslegen und dabei lernen. Leider lernt man in Schule und Studium so gut wie nichts über das Gründen. Das ist auch eine Ursache, warum viele nicht gründen: Sie haben zu viel Angst vor dem, was auf sie zukommt und damit vor dem Risiko. Genau deshalb empfehle ich meinen Kunden, sich nicht zu viele Gedanken darüber zu machen und sich nicht von Dingen abschrecken zu lassen, die man durch Mentoring, Bücher und YouTube lernen kann.

BSZ: Eine Ausbildung oder ein Studium sind nicht notwendig?
Weiß: Nicht unbedingt. Es kommt immer auf den Bereich an. Ein Arzt kann ohne Studium keine eigene Praxis eröffnen, ein Anwalt keine Kanzlei. Aber in vielen Branchen, zum Beispiel im Marketing, kann man sich das Wissen auch selbst aneignen. Und für die Bereiche, die man nicht alleine stemmen kann, kauft man sich Dienstleister ein – Steuerberater zum Beispiel.

BSZ:Hatten Sie selbst einen Gründungscoach?
Weiß: Ich habe mir alles Schritt für Schritt selbst beigebracht. Sowohl die unternehmerische Seite als auch alles rund um die Kernkompetenz meiner damaligen Agentur, also Online- und Social-Media-Marketing. Ich hatte zwar einen Mentor und habe mir einen Steuerberater ins Boot geholt, aber das war erst einige Zeit nach der Gründung.

BSZ: Stichwort Social-Media-Marketing: Bringt das heute noch etwas?
Weiß: Bill Gates soll 1995 gesagt haben, das Internet sei nur ein Hype. Offensichtlich war es das nicht. Ähnlich sehe ich das mit Social Media: Es ist nicht mehr wegzudenken. Social Media ist heute weit mehr als eine Plattform, um sich mit Freunden auszutauschen und andere am eigenen Leben teilhaben zu lassen. Man kann heute darüber einen Tisch im Restaurant reservieren, shoppen und Mitarbeiter rekrutieren. Und gerade wenn es darum geht, Mitarbeiter und neue Kunden zu gewinnen oder eine Marke aufzubauen, ist Social Media das Werkzeug schlechthin. Und es entwickelt sich ständig weiter. Aktuell hält das Thema KI stark Einzug. Insofern ist es nicht out, sondern gewinnt weiter an Bedeutung. Zumal auch traditionelle Unternehmen wie Banken und Versicherungen hier junge Zielgruppen erreichen – und das über verschiedene Kanäle und mit vergleichsweise geringem Budget.

BSZ: Sie haben mittlerweile auch ein eigenes Reinigungsunternehmen an 18 Standorten in Deutschland. Wie nutzen Sie dafür Social-Media-Marketing?
Weiß: Hier bespielen wir zwei Themengebiete. Auf der einen Seite haben wir unseren eigenen Standort in Bad Tölz, wo wir Reinigungen anbieten. Dafür suchen wir neue Kunden und Reinigungskräfte. Auf der anderen Seite haben wir unser Franchise-Konzept, suchen also neue Lizenznehmer, die nach unseren Qualitätsstandards neue Standorte aufbauen. Für beide Bereiche schalten wir auf Facebook und Instagram Werbeanzeigen.

BSZ: Welche Voraussetzungen müssen Interessierte mitbringen, die unter dem Namen Ihres Reinigungsunternehmens einen Standort gründen wollen?
Weiß: Menschen mit unternehmerischen Vorkenntnissen sind natürlich top. Aber im Prinzip kann das jeder. Denn die angehenden Unternehmerinnen und Unternehmer lernen von uns alles: von der Unternehmensgründung über die Mitarbeiter- und Kundengewinnung bis – natürlich – zum Reinigungs-Know-how.
Wir wählen die Lizenznehmerinnen und Lizenznehmer allerdings so aus, dass ihre Einstellung zu unseren Werten passt. Das heißt, wir wollen vor allem junge, modern denkende, dynamische und loyale Menschen gewinnen, die hohe Qualitätsstandards an ihre Arbeit haben. Und da wir sehr viele Bewerbungen für einen potenziellen Standort bekommen, können wir glücklicherweise auch relativ gut auswählen.

BSZ: Wie viel Startkapital muss man haben?
Weiß: Das hält sich in Grenzen. Denn gerade am Anfang braucht man keine Büro- oder Lagerräume. Da reichen 3000 bis 5000 Euro. Es kommt aber auch darauf an, ob man als Geschäftsführer am Anfang selbst putzen will. Meine Freundin Charlotte Koller und ich haben das gemacht. Wenn man aber gleich Personal einstellen will, muss man das natürlich vorfinanzieren. Dazu kommt die Lizenzgebühr, die derzeit bei 10.000 Euro liegt. Darin sind auch die Kosten für unsere Schulungen enthalten.

BSZ: Bevorzugen Sie Gründer*innen aus Bayern?
Weiß: Natürlich freue ich mich immer, wenn wir neue Standortnehmer aus Bayern gewinnen. Aber wir müssen auch den Gebietsschutz beachten. Wir vergeben also nicht vier Lizenzen an einem Standort. Jeder Standortnehmer bekommt ein bestimmtes Gebiet zugewiesen, in dem nur er seine Leistungen anbieten darf.
(Interview: Nadine Anschütz, Ralph Schweinfurth)

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