Das Messegeschäft ist in München wieder zu vollem Leben erwacht. Nach der Schockstarre der Coronajahre sind die Veranstaltungen nicht ins Internet emigriert, freuten sich die beiden Messechefs Reinhard Pfeiffer und Stefan Rummel im Rahmen der Bilanz-Pressekonferenz der Messe München. Im Gegenteil. Das Prinzip der realen Messen habe sich durchgesetzt. So hat die Messe München den Neubeginn 2022 noch besser geschafft, als die Hochrechnungen im Dezember vermuten ließen: Das Ergebnis verbesserte sich nach dem Pandemie-Defizit beim EBITDA um 156 Millionen Euro von minus 33 Millionen Euro 2021 auf ein Plus von 123 Millionen für das Jahr 2022. Die Messe München schreibt damit wieder schwarze Zahlen und macht einen Gewinn von 52 Millionen Euro, der nach den Worten der beiden Geschäftsführer weit über dem Plan liegt. Mit einem Umsatz von 413 Millionen Euro liegt die Messe auch über dem Markt-Durchschnitt. Der Erfolg setzt sich laut Pfeiffer und Rummel auch 2023 mit neuen Bestwerten fort.
„Messen sind eben systemrelevant“, sagen die beiden Messechefs. „Für Aussteller sind sie weiter ein unverzichtbares Marketing- und Vertriebsinstrument, das nicht digital ersetzt werden kann.“ Das belegen auch die beeindruckenden Bilanzzahlen für das Geschäftsjahr 2022, als Messen wieder erlaubt wurden. Machte die Messe München im Coronajahr 2021 wegen der Schließungen ein Defizit von 33 Millionen Euro, schaffte sie 2022 ein Ergebnis (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) mit einem Plus von 123 Millionen Euro: Ein Sprung von 156 Millionen Euro in die schwarzen Zahlen. Davon bleibt ein Gewinn von 52 Millionen Euro.
„Dieses Guthaben wollen wir zielgerichtet in Personal, Digitalisierung, das Gelände und den Schuldenabbau investieren“, erklärten Pfeiffer und Rummel.
Dichter Messekalender
Der Messekalender war zum Neustart 2022 dicht gedrängt: Es waren 17 eigene Veranstaltungen im Inland, 21 im Ausland und 88 Gastveranstaltungen. Zu den insgesamt 126 Veranstaltungen in München und im Ausland meldeten sich die Aussteller und Besucher stärker zurück, als erwartet worden war: Nach München kamen 29 000 Aussteller und 1,4 Millionen Besucher, zu den Veranstaltungen im Ausland 2800 Aussteller und 162 000 Besucher. Es sei deutlich zu spüren gewesen, so die beiden MesseGeschäftsführer, dass wegen der Coronaauflagen in China und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Aussteller und Besucher aus Russland, der Ukraine und China wegblieben. Außerdem stellte die Messe München ihr Geschäft in Russland ein.
Dieser Neubeginn der Messen 2022 war kein Strohfeuer, denn der Aufwärtstrend setzt sich nahtlos in diesem Jahr fort, betonten Pfeiffer und Rummel. Das würde auch der überaus erfolgreiche Start ins Jahr 2023 bestätigen. Man spüre auch den Nachholbedarf bei allen. „Die ersten Messen des Jahres 2023 schließen in München und im Ausland mit Rekorden bei den Aussteller- und Besucherzahlen ab, die wir so bald nicht erwartet hatten“, so die beiden Geschäftsführer. Die Pluspunkte: Die Messe München ist eine Plattform für Innovationstreiber. Außerdem ist sie ein weltweit gefragter Partner und zuverlässiger Dienstleister für Messen und große Kongresse.
Und so war der Start 2023:
Gleich im Februar meldete sich die f.re.e eindrucksvoll mit 900 Ausstellern aus über 50 Ländern und einem Besucherrekord zurück. Mehr als 160 000 kamen zu Bayerns größter Reise- und Freizeitmesse, die erstmals mit der Motorradmesse IMOT zusammenfiel. „Es war die stärkste f.re.e aller Zeiten. Die enorm hohe Besucherzahl und die Zufriedenheit der Aussteller zeigen, dass auch Publikumsmessen stark gefragt sind und gebraucht werden“, so Pfeiffer und Rummel.
Nach über vier Jahren Pause belegte die BAU – Weltleitmesse für Architektur, Materialien, Systeme – alle 19 Hallen und registrierte einen Ausstellerrekord (2260 aus 45 Ländern). Rund 190 000 Besucher kamen. Warnstreiks an deutschen Flughäfen und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr bremsten leider den positiven Besuchertrend der ersten Messetage.
Die ISPO in Beijing war im Februar 2020 weltweit die erste Messe, die wegen Corona abgesagt werden musste. Im Februar 2023 war sie die erste Messe, die nach Corona in Beijing stattfinden durfte. Der Andrang von Ausstellern und Besuchern war gewaltig. Auch die anderen Messen in China boomten, zeigten sich die Geschäftsführer begeistert.
Die transport logistic und die integrierte air cargo Europe zählten im Mai drei Rekorde: So viele Besucher wie noch nie (75 000 aus über 120 Ländern), so viele internationale Besucher wie noch nie (mehr als 50 Prozent) und so viele Nationen bei den Ausstellern wie noch nie.
Für die OutDoor by ISPO war im Juni das MOC – Event Center Messe München in München-Freimann komplett belegt (35 000 Quadratmeter). Der Zuwachs kam vor allem aus Übersee, insbesondere aus den USA und China. Die OutDoor by ISPO bestätigte damit ihren Platz als die weltweite Plattform für die Outdoor-Branche und -Community.
„Der Hunger der Menschen nach Messen ist groß und ebenso die Lust, sich auf Plattformen wie Messen zu präsentieren und zu besuchen“, kommentierten die Messechefs den positiven Trend. „Messen haben eine Kernkompetenz. Wenn es komplex und erklärungsbedürftig wird, sind sie weiter gefragt. Da sind die physische Messe und das Gespräch von Angesicht zu Angesicht unschlagbar.“
Dicht belegt
Der Messekalender 2023 ist dicht belegt: 15 Veranstaltungen im Inland (davon zehn im ersten Halbjahr), 40 im Ausland und 91 Gastveranstaltungen auf der Messe, im ICM-International Congress Center Messe München oder dem MOC in Freimann.
Corona war nicht die einzige Herausforderung für das Messegeschäft im In- und Ausland, betonten Pfeiffer und Rummel. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, Inflation oder gestörte Lieferketten, tat ihr übriges. „Diese Auswirkungen haben Einfluss auf unser Unternehmen, auf unsere Kunden, auf die Wertschöpfungsketten der Industrien und damit auch auf unsere Messen.“ Messen seien eben auch Seismographen politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen.“ Die Messe München reagiert darauf mit der Konzentration auf das Kerngeschäft, Digitalisierung und mit einem erweiterten Blick auf neue Wachstumsmärkte im Ausland. Dazu gehören Südostasien, die USA und Südamerika. China ist und bleibt laut Pfeiffer und Rummel, für die Messe München ein wichtiger Fokus- und Wachstumsmarkt. „Insgesamt ist eine Lehre aus den neuen Herausforderungen, dass wir unsere Abhängigkeiten vermeiden. Deshalb diversifizieren wir unsere Auslandsstrategie.“
Die Messe legt dabei den Fokus auf organisches Wachstum – also die Stärkung der eigenen Messen und die Akquise neuer Gastveranstaltungen. So geht unter anderem die Umwelttechnologiemesse IFAT 2024 zum ersten Mal nach Südamerika: nach São Paulo in Brasilien. Außerdem geht die IFAT eine Kooperation mit der Singapore International Water Week ein, der wichtigsten Veranstaltung zum Thema Wasser in Südostasien. Neu sind auch die Messen transport logistic Americas & air cargo forum Miami, die erstmals im November 2022 veranstaltet wurden. Bei den Gastveranstaltungen hat die „The smarter E Europe“ ihren Vertrag in München bis 2028 verlängert. Sie ist die weltweit führende Fachmesse der Solarwirtschaft. Neu nach München kommen 2024 der internationale Aidskongress und 2025 der Medizinkongress ISAKOS.
Corona hat auch die Digitalisierung und Nachhaltigkeit mehr in den Fokus gerückt hat. „Wir verstehen Digitalisierung als eine Ergänzung vor, während und nach Messen“, so die beiden Geschäftsführer: „Wir glauben an Präsenzmessen und werden sie digital erweitern, zum Beispiel mit Branchenplattformen. Denn in der Digitalisierung steckt unsere Chance, die Customer Experience weiter zu verbessern und zu individualisieren.“
Systemrelevant
Mit Schwung und optimistisch geht die Messe München ins zweite Halbjahr 2023. Noch im Juni findet die Weltleitmesse automatica (27. bis 30. Juni) mit den zentralen Themen „Digitalisierung und KI“, „Nachhaltige Produktion“ oder „Zukunft der Arbeit“ statt. Die IAA MOBILITY (5. bis 10. September) zieht wieder weltweite Aufmerksamkeit auf sich. Es gibt erstmals Teststrecken für Fahrräder im Englischen Garten. Anfang Oktober – 4. bis 6. – findet die internationale Immobilienmesse EXPO REAL statt und zum Jahresende die ISPO Munich (28. bis 30. November).
„Messen schaffen Erlebnisse, und sie zeigen heute die Welt von Morgen. Der Wettbewerb wird intensiver, und da müssen wir angesichts der globalen Herausforderungen sehr wachsam bleiben“, resümieren die Pfeiffer und Rummel. „Unsere Ausstellungen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Menschen mit ihren Ideen und Wünschen zu verbinden, Innovationen voranzutreiben und das Wirtschaftswachstum zu fördern.“ Die Chancen der Messen seien beispiellos: „Die Möglichkeit, sich persönlich zu treffen, Wissen auszutauschen, Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren und langfristige Partnerschaften einzugehen. – Messen sind eben systemrelevant.“ (Friedrich H. Hettler)
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