Der ehemalige Bundesver-kehrsminister Andreas Scheuer hat am 1. Februar bekannt gegeben, dass er auf dem nächsten Parteitag im Juli nicht mehr zur Wahl als Bezirksvorsitzender der CSU antritt. Als Nachfolger kandidiert der bayerische Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter, Spitzenkandidat des CSU-Bezirks Niederbayern, bei der Landtagswahl. Mit dem freiwilligen Rückzug aus seinem Parteiamt ist Scheuer geschickt einer drohenden Abwahl zuvorgekommen. Doch sein Bundestagsmandat aus dem Stimmkreis Passau will Scheuer behalten und eine neue Karriere hat er auch schon eingefädelt: Er will sich auf Außenwirtschaftspolitik mit Schwerpunkt Asien konzentrieren.
Scheuer dürfte so ziemlich der meistkritisierte Bundesminister im Kabinett Merkel gewesen sein, weil er unter anderem Pannen, auch mit vorzeitiger Auftragsvergabe, rund eine halbe Milliarde Euro Schaden angerichtet hat, auch noch in Maskengeschäfte verwickelt war und am Ende niemandem mehr etwas recht machen konnte. Andreas Scheuer hat Politikwissenschaft studiert und in Prag seinen Doktortitel erworben, den er aber nicht mehr führt, nachdem die Rechtmäßigkeit in Deutschland bezweifelt wurde.
Andi Scheuer hat viel Publicity, vor allem negative, lebt und arbeitet aber offenbar nach dem Motto: Es ist egal, was man über mich schreibt, Hauptsache der Name ist richtig geschrieben, damit sich ihn die Leute merken können. Jedenfalls kann er wohl nicht mehr damit rechnen, dass er im Falle einer neuen unionsgeführten Bundesregierung nochmals Minister wird.
Egal, was man über mich schreibt, Hauptsache der Name ist richtig geschrieben
An seiner Ablösung als Bezirksvorsitzender der CSU in Niederbayern wurde parteiintern bereits seit Längerem eifrig hingearbeitet. Das ist ihm nicht verborgen geblieben, darum ist er jetzt einer Abwahl geschickt zuvorgekommen.
Aber im Europaausschuss des Deutschen Bundestags ist Andreas Scheuer jetzt Berichterstatter für die zehn asiatischen und südasiatischen Staaten in der ASEAN-Gruppe. Außerdem ist er seit Mai 2022 auch Präsident der „Asienbrücke“. Offensichtlich versucht Scheuer jetzt, sich ein neues Profil in der Außenwirtschaftspolitik aufzubauen, ein offenes Feld, auf dem weder CSU-Chef Söder noch Landesgruppen-Chef Dobrindt konkurrieren, weil die als klassische Innenpolitiker daran kein Interesse haben. Den niederbayerischen CSU-Außenpolitiker Thomas Erndl sieht Scheuer zu Recht auf einem anderen Feld dieses internationalen Ressorts. Andi Scheuer ist nicht unbedingt sehr weise, aber schlau, mediengeil und geschäftstüchtig. Offensichtlich ist der 48-jährige Bundestagsabgeordnete bemüht, sich mit einem Themenwechsel sein Comeback aufzubauen.
Die „Asienbrücke“ in Berlin gibt Andreas Scheuer außerhalb des Parlaments und unabhängig von der Ampel-Regierung ein Forum, über das er sich in den Medien als neuer „Asien-Experte“ profilieren kann. Im Anschluss an eine Delegationsreise im November zur Asien-Pazifik-Konferenz der deut-schen Wirtschaft nach Singapur und anschließend noch nach Vietnam hat Scheuer seine „Expertise“ sehr professionell in kleinen Portionen an diverse Medien „verkauft“. Die Annahme von Journalisten, er sei mit Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck zu dieser Konferenz nach Singa-pur gereist, hat Scheuer sofort dementiert und ausdrücklich betont, dass er mit einer eigenen Delegation der „Asienbrücke“ dort aufgetreten ist.
Die erst 2019 in Berlin wohl aus Kreisen der Union und der Wirtschaft gegründete und 2020 erstmals an die Öffentlichkeit getretene Asienbrücke e. V. ist ein Verein, der sich – etwa nach dem Vorbild der bereits 1952 gegründeten Atlantik-Brücke in Richtung Nordamerika – jetzt für intensivere Kooperation zwischen Deutschland und der Europäischen Union mit Ländern der asiatisch-pazifischen Region einsetzen will: in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur. Offenbar, um sich von der gleichnamigen aber schon länger existierenden Hamburger Stiftung „Asien-Brücke“ zu unterscheiden, heißt der Berliner Verein zwar auch „Asienbrücke“ aber ohne Bindestrich.
Der Verein versteht sich laut seiner vollmundigen Selbstdarstellung als „eine „überparteiliche Initiative aus der Mitte der Gesellschaft“, die „von Menschen getragen wird, die für eine bessere deutsch-asiatische Verständigung werben – mit der Verpflichtung zur Intensivierung der deutsch-asiatischen und der europäischen Beziehungen sowie der Pflege des Dialogs mit Wertepartnern in Asien. Wir bieten ein offenes Forum für Partner, die Interesse an einem Wertedialog haben.“
Mit politischen und persönlichen Beziehungen Geschäfte anbahnen
Der vielen schönen und salbungsvollen Worte kurzer Sinn dürfte darin liegen, mit politischen und persönlichen Bezie-hungen Geschäfte anzubahnen. Wer den Verein Asienbrücke finanziert, wird nicht konkret angegeben, aber es ist naheliegend, dass sowohl Fördergelder von daran interessierten Unternehmen als auch Zuschüsse aus den Fördertöpfen des Wirtschafts- und des Außenministeriums fließen.
Es ist wohl kein Zufall, dass der zuvor eher im Stillen agierende Verein Asienbrücke im Mai dieses Jahres – ein Vierteljahr nach Beginn des russischen Ukraine-Krieges in seiner Mitgliederversammlung einen früheren Bundesminister aus der Union und aus dem Kabinett Merkel zum Präsidenten gewählt hat. Das war die Zeit, als Merkel und auch der CSU die allzu große Energieabhängigkeit von Russland bewusst und zum Vorwurf gemacht wurde. Gleichzeitig haben Politik und Wirtschaft realisiert, dass Deutschland auf anderen Feldern der Wirtschaft ebenso von China abhängig ist. Daher soll die Asienbrücke offene Kontakte zu „Wertepartnern“ in Asien rund um China anknüpfen und ausbauen.
In mehreren Interviews oder Hintergrundgesprächen mit Journalisten hat der CSU-Abgeordnete Andreas Scheuer politische und wirtschaftliche Ziele oder Erkenntnisse dieser Reise erläutert. Er sagte, „dass die akute Bedrohung Europas durch Russland wie die Herausforderungen im Indopazifik uns vor neue Aufgaben stellen.“ Das ist zwar nicht mehr wirklich neu, aber jetzt eben von „Asien-Experte“ Präsident Andi Scheuer! Der nachfolgende Text fasst im Internet und in Zeitungen veröffentlichte Reiseberichte des „Asien-Experten“ Andreas Scheuer aus Interviews und Statements leicht gestrafft zusammen – mit seiner Forderung: „Mehr deutsche Investitionen in Asien!“
„Der erschreckende Ausbruch des Krieges in Europa hinterlässt nicht nur alte, nun zerbrochene, Gewissheiten und eine geschwächte internationale Ordnung. Sie verschiebt, verständlicherweise, auch den Fokus weg von den Herausforderungen in Asien. Es gilt jetzt, gemeinsam mit unseren Partnern anzupacken. Anders als etwa Washington ist Berlin aber noch zu häufig abwesend und droht zum reinen Zuschauer zu werden.
Als Präsident der Asienbrücke war ich mit meiner eigenen Delegation auf der Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft. Klar ist: Asien ist nicht weit weg. Und Asien ist nicht nur China, sondern deutlich mehr. Das gilt es zu nutzen. Ich hatte die Gelegenheit, dort mit vielen Wirtschaftsvertretern zu sprechen – von Siemens über Airbus, ZF, Schaeffler und Bosch. Alle warten, sowohl von der asiatischen als auch von der deutschen Seite, auf weitere Investitionen, um zweierlei zu erreichen: Diversität und Resilienz. Das heißt, global breit aufgestellt zu sein und damit unabhängiger von Russland und China und weniger anfällig zu sein.
Blick auf China reicht nicht, denn alle wollen mit Deutschland kooperieren
China ist auch von uns abhängig. Das vergisst man nur gerne. Aber eine neue Zeit bedeutet natürlich auch eine neue Ordnung und neue Partnerschaften mit allen wichtigen und einflussreichen Ländern in Asien. Wenn ich mir die Märkte in Indien, die Dynamik in Vietnam oder das große Indonesien anschaue, nur als Beispiele neben Japan und Korea, dann haben wir als Deutsche genug Möglichkeiten. Denn eines steht auch fest: Alle wollen mit Deutschland zusammenarbeiten. Alle wollen das Niveau Deutschlands erreichen. Alle wollen unseren Goldstandard. Der alleinige Blick auf China reicht deshalb nicht. Wir brauchen China. Wir können nicht ohne China. Aber China kann auch nicht ohne uns. Wir brauchen ein Sowohl-als-auch und kein Entweder-oder. Ich appelliere an das deutsche Selbstbewusstsein.
Wenn wir deutsche Firmen wie etwa die in Bayern so wichtige Autoindustrie stärken, Firmen, die in Asien investieren, dann stärken wir den Standort Deutschland. Man muss nur schauen, was allein in Niederbayern produziert wird. Dafür reicht unser deutscher Binnenmarkt nicht. Wir müssen neben USA und China neue Märkte erschließen – für gemeinsamen Erfolg in Deutschland wie in Asien.
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck haben auf der Asi-en-Pazifik-Konferenz für einen Anti-China-Kurs geworben. Das halte ich bei dieser dramatischen globalen Situation für einen Fehler. Bundeskanzler Olaf Scholz war da differenzierter.
Herzlicher Empfang, viel Interesse und Berichterstattung
Auf der anschließenden Delegationsreise war ich in Vietnam unterwegs, unter anderem im Deutschen Haus in Ho-Chi-Minh-City, beim Automobil- und Elektromotorrad-Hersteller Vinfast in Hai Phòng, in der Provinz Ninh Bình und zu Gesprächen in Hanoi. Ich war da bei Ministern und Ausschussvorsitzenden in der Nationalversammlung. Die ist das Parlament im Einkammersystem von Vietnam und ist die Legislative des Staates. Als Berichterstatter für ASEAN im Europaausschuss des Deutschen Bundestags kümmere ich mich um eine Intensivierung der Partnerschaft mit der vietnamesischen Nationalversammlung.
Die Besuche im Parlament in Hanoi und auch in der Provinz Ninh Bình wurden mit herzlichem Empfang, viel Interesse und toller Berichterstattung vor Ort begleitet. Die hochrangigen Gespräche mit Ministern der vietnamesischen Regierung, unter anderem mit Handels- und Industrieminister Nguyen Hong Dien und mit Abgeordneten mehrerer Ausschüsse der Nationalversammlung waren sehr positiv und konstruktiv. Dort wurde ich ständig gefragt: Wo bleiben unsere deutschen Freunde, die in Vietnam investieren wollen? Da gibt es ein riesiges Potenzial, auch für den deutschen Mittelstand. Von beiden Seiten wurde der Wunsch nach intensiverem Austausch geäußert.
Gerade Parlamentariergruppen können mit kontinuierlichem Dialog einen enormen Beitrag leisten. Diesen Dialog und Aus-tausch gilt es mit Vietnam auszubauen. Da die globale Ökonomie viele Unsicherheiten und Schwierigkeiten erlebt, ist eine Kooperation umso wichtiger. Mit Blick auf mehr Diversifizierung und Erschließung neuer Wachstumsmärkte bieten sich speziell die in der ASEAN-Gruppe vereinten Staaten Südostasiens an.
Die deutsche Wirtschaft sagt ganz klar, dass wir uns breiter und widerstandsfähiger aufstellen müssen. Wir müssen daher in Deutschland wieder den Wirtschafts-Standort stärken und mehr die Leistungsträger in den Mittelpunkt rücken und weniger die ‚Klima-Kleber‘ und Straftäter!“
(Hannes Burger)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!