Viele Menschen sehen Theater nur als Musentempel. Dabei sind sie auch Wirtschaftsfaktoren. Sie sorgen für Jobs und Umsatz in der jeweiligen Region. Die sogenannte Umwegrentabilität eines Theaters berechnet kaum jemand. Das wird meist nur bei großen Infrastruktureinrichtungen wie Messegesellschaften oder Flughäfen vorgenommen. Ein Beispiel für ein sehr erfolgreich laufendes Haus in Bayern ist das Stadttheater Fürth.
Werner Müller ist dort seit 25 Jahren Intendant und kennt sich nicht nur mit der künstlerischen, sondern auch mit der wirtschaftlichen Seite des Theater perfekt aus. „Künstler, dramaturgisches und technisches Personal sorgen für Umsatz in der Stadt. Denn sie leben hier, zahlen Miete und Steuern und kaufen ein. Das wird nur oftmals bei der Rentabilitätsbetrachtung eines Theaters vergessen“, erklärt Müller der Staatszeitung. Selbst Künstler, die nur für ein Gastspiel nach Fürth kommen, sorgen bei Hotellerie und Gastronomie in der Kleeblattstadt für Umsatz. Eine ziemlich alte Untersuchung aus dem Jahr 1992, bei der mehrere deutsche Bühnen beleuchtet wurden, hat Müller zufolge einmal ergeben, dass sich das Stadttheater Fürth pro ausgegebener D-Mark mit 1,1 D-Mark Umwegrentabilität refinanziert.
Gerade weil das Programm des Stadttheaters Fürth beim Publikum so gut ankommt, ist es auch für Sponsoren sehr attraktiv. „Pro Jahr kommen rund 250.000 Euro an Sponsorengeldern zusammen. Das ist ein Spitzenwert im bayernweiten Vergleich“, freut sich Müller. Vor allem familiengeführte, mittelständische Unternehmen geben Gelder, damit das Theater leben und als sogenannter weicher Standortfaktor für Fürth fungieren kann. „Bei dem Begriff weicher Standortfaktor bekomme ich aber regelmäßig eine Allergie, denn wir müssen mit harten Zahlen gegenüber der Stadt und der Wirtschaft unsere Einnahmen und Ausgaben darlegen. Da ist nichts Weiches oder Nebulöses dabei, wie der Begriff suggeriert“, sagt Müller.
Hohe Auslastung
Zu den harten Fakten gehört zum Beispiel, dass das Stadttheater Fürth eine Auslastungsquote von 85 bis 90 Prozent im Jahr aufweisen kann. „Das ist im bundesweiten Vergleich ein stabiles hohes Niveau“, so Müller. Auch mit rund 7000 Abonnenten (ein Drittel des Zuschauervolumens) verfügt das Haus in der Kleeblattstadt über einen stabilen Wert. Rund 50 Prozent der Zuschauer kommen direkt aus Fürth und dem Landkreis Fürth, 30 Prozent aus Nürnberg, zehn Prozent aus Erlangen und der Rest aus Nordbayern oder von weiter her. „Bei Tanztheateraufführungen kommen die Leute sogar aus München oder Stuttgart zu uns, weil wir uns in diesem Bereich einen Namen im süddeutschen Raum erarbeitet haben“, weiß Müller.
Vom sieben Millionen Euro umfassenden Jahresetat erwirtschaftet das Stadttheater Fürth mehr als drei Millionen Euro selbst. „Das entspricht zirka 40 Prozent Eigenanteil, was ein sehr hoher Wert ist, wenn man sich an deutschen Bühnen umsieht“, betont der Intendant. In diesem Eigenanteil sind auch die Sponsorengelder enthalten.
Partner und Sponsoren des Stadttheaters Fürth sind der Theaterverein Fürth, die ABF Apotheken Fürth, die BMW Niederlassung Fürth, die Carl Friedrich Eckart Stiftung, die Dorfner AG, die Esirion AG, die IHK-Kulturstiftung der mittelfränkischen Wirtschaft, die Inarc Küchentechnik + Design GmbH, die Infra Fürth GmbH, der Juwelier Kuhnle, die Kulmbacher Brauerei AG, die Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG, die Leupold-Stiftung, die Semikron Elektronik GmbH & Co. KG, die Simba Dickie Group, die Sparda-Bank Nürnberg eG, die Sparkasse Fürth und die Uvex Winter Holding GmbH & Co. KG. „Mit vielen dieser Unternehmen haben wir seit dem Jahr 2002 stehende Sponsoringverträge. Das bedeutet, dass die Unternehmen ein bestimmtes Kartenkontingent erhalten oder das Haus für eine Galaveranstaltung nutzen können“, erklärt Müller.
Eine Besonderheit in Fürth ist der über 2200 Mitglieder zählende Theaterverein. „Dort sind im Wesentlichen Privatpersonen engagiert, die über ihre Beiträge pro Jahr dem Theater einen fünfstelligen Betrag zukommen lassen“, erläutert Müller. Das Geld fließt in die Eigenproduktionen des Hauses oder in Investitionsprojekte. „Zum Beispiel in die Erneuerung unseres Konzertsaals.“
Public-Private-Partnership hat Tradition
Diese Form des Public-Private-Partnership liegt Müller zufolge in der Tradition des Hauses. Denn im Jahr 1898 haben wohlhabende Fürther den Beschluss gefasst, ihrer Stadt ein neues Theater zu ermöglichen. Ein Viertel der Gesamtkosten für den Ersatzneubau (das alte Haus von 1816 entsprach nicht mehr den Brandschutzbestimmungen) wurde damals privat finanziert. Innerhalb einer Woche gingen 283.873 Reichsmark an Spenden der Fürther Bevölkerung ein (knapp 60 Prozent kam von den jüdischen Mitbürgern). In den Jahren 1901 und 1902 wurde dann nach Plänen des Wiener Architektenbüros Fellner & Helmer das Stadttheater im neubarocken Stil erbaut. „Somit ist unser Haus ein echtes Bürgerhaus. Und als das begreifen wir es auch“, sagt Müller.
Schön wäre es, wenn auch die Staatsregierung dieses bis heute anhaltende, enorme Engagement der Fürther noch kräftiger unterstützen würde. Denn bislang erhält das Stadttheater nur 520.000 Euro im Jahr an Förderung durch den Freistaat. Legt man aber die zuwendungsfähigen Budgetkosten in Höhe von 20 Prozent zugrunde, die auch andere bayerische Bühnen erhalten, würden die Fürther 650.000 Euro im Jahr bekommen. (Ralph Schweinfurth)
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