Einsteigen und lossurren: So einfach kann der Transport im Flugtaxi sein. Der elektrisch betriebene Minijet ist CO2-frei unterwegs. Doch so ein Flug ist teuer. In Dubai, wo ab 2026 die ersten Flugtaxis im Einsatz sein sollen, sind Preise von umgerechnet mindestens 90 Euro für 10 Minuten Flugzeit im Gespräch. Fliegen können sie je nach Batteriekapazität bis zu 250 Kilometer.
Flugtaxis können ein lukratives Geschäft werden, wenn man den Prognosen von verschiedenen Beratungsfirmen glaubt. So sagt zum Beispiel Porsche Consulting voraus, dass im Jahr 2035 weltweit bereits etwa 23.000 Flugtaxis im Einsatz sein werden. Die Unternehmensberatung Roland Berger schätzt, dass 2050 etwa 160.000 kommerzielle Flugtaxis in der Luft sein werden.
Keine Staatshilfen
Für rund 10 Millionen US-Dollar konnte man seit Ende 2023 beim bayerischen Hersteller Lilium aus Oberpfaffenhofen (Landkreis Starnberg) den siebensitzigen Jet bestellen. Wie das angesichts der Insolvenz des Unternehmens weitergeht, ist offen. Vergebens bemühte sich das Unternehmen um Hilfen von Bund und Freistaat (jeweils 50 Millionen Euro). Die Jobs von rund 1000 Mitarbeitenden sind gefährdet.
„Ich habe grundsätzlich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn wir in Deutschland Innovation ablehnen und Lilium ist ein Synonym für Innovation, beispielsweise im medizinischen Bereich. Die Luftfahrzeuge von Lilium können im Notfall Ärzte in unwegsames Gelände fliegen, in Großstädten über Staus transportieren oder im ländlichen Raum dafür sorgen, dass die Menschen schneller adäquate Hilfe erhalten“, echauffiert sich Kerstin Schreyer (CSU), stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Landtag. Sie betont, dass die von Lilium entwickelten Luftfahrzeuge elektrisch angetrieben und somit ökologisch sinnvoll sind. „Kerosinfreies Fliegen ist die Zukunft“, so Schreyer.
Schwierige Haushaltslage
Angesichts der schwierigen Haushaltslage verweist Schreyer auch darauf, dass Bayern zusätzlich zu seinen 50 Millionen Euro für Lilium nicht einfach jetzt die 50 Millionen Euro vom Bund mitübernehmen kann. „Gleichzeitig macht es keinen Sinn, die 50 Millionen bereitzustellen, Lilium braucht 100 Millionen und nicht nur die Hälfte – ein Auto braucht auch vier Reifen zum Fahren, auf zwei Reifen kommt man nicht vom Fleck“, betont Schreyer.
So klare Worte vermisst man aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium. Eine Anfrage der Staatszeitung wird lapidar mit „wir kommentieren die aktuellen Berichte zu Lilium nicht“ beantwortet.
Zwischenzeitlich gab das zuständige Amtsgericht Weilheim dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung statt. Das ist ein Zeichen, dass das Gericht eine Überlebenschance für Lilium sieht. Jetzt sollen mithilfe der Unternehmensberatung KPMG Investoren oder Käufer gefunden werden. Wer Interesse hat, wird nicht veröffentlicht. Gut informierte Kreise gehen davon aus, dass sich auch der Freistaat nach wie vor um die Rettung von Lilium bemüht.
Derweil läuft die Endmontage der ersten Flugtaxis. Lilium hat Bestellungen, Reservierungen, Optionen und Absichtserklärungen für mehr als 780 Lilium-Jets aus den USA, Südamerika, Europa, Asien und dem Nahen Osten. Der erste bemannte Flug war zuletzt für Anfang 2025, die erste Auslieferung an Kunden für 2026 geplant. Kunden und Kapitalanleger haben in das Unternehmen bereits 1,5 Milliarden Euro investiert.
Während Lilium noch nach Geldgbern sucht, scheint Konkurrent Volocopter aus Bruchsal in Baden-Württemberg fündig geworden zu sein. Vor der drohenden Insolvenz könnte ihn der chinesische Autokonzern Geely, dem unter anderem die Marken Volvo, Polestar oder Zeekr gehören, retten. Geely steht offenbar als Käufer bereit.
Auch Konkurrent in Nöten
Volocopter wollte in Singapur punkten. Doch Schwierigkeiten bei der Suche nach lokalen Partnern verzögern das Projekt. Auch der zu Olympia in Paris geplante Flugtaxi-Shuttle mit Volocopter klappte nicht so wie geplant. Es gab nur einen Showflug, weil die Genehmigung für den Personentransport durch die Aufsichtsbehörde fehlte.
Auch US-Konkurrent Joby Aviation müht sich. Er will in Dubai ab 2026 einen Flugtaxi-Service starten. Ursprünglich war von Anfang 2025 die Rede. Umgerechnet knapp 90 Euro Minimum pro Person soll ein Taxitrip in der für ihren Wolkenkratzer Burj Khalifa (mit 828 Meter das höchste Gebäude der Welt) bekannten Millionenmetropole der Vereinigten Arabischen Emirate kosten.
Wieder einmal zeigt sich, dass deutsche Ingenieurskunst hervorragende Produkte hervorbringt. Doch mit der Vermarktung hapert es nach wie vor. Das war schon mit dem MP3-Format so. Es wurde am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen zusammen mit der Uni Erlangen sowie AT&T Bell Labs und Thomson entwickelt. Das daraus resultierende Geschäft mit den MP3-Playern machten aber größtenteils die Amerikaner.
(Ralph Schweinfurth)
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