Wirtschaft

Ab April kommenden Jahres wird Großbritannien nicht mehr EU-Mitglied sein. (Foto: dpa)

03.08.2018

"Sich auf den Brexit vorzubereiten, geht nicht"

Der Austritt Großbritanniens aus der EU verunsichert Bayerns Unternehmen – sie wünschen sich Planungssicherheit

Der Brexit rückt immer näher, und bis jetzt ist immer noch nicht klar, wie das künftige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Großbritannien aussehen wird. Dabei bräuchten gerade die Unternehmen endlich Planungssicherheit, um auch weiterhin im Vereinigten Königreich gute Geschäfte machen zu können.

„Wir bereiten uns nicht auf den Brexit vor, weil es schlicht unmöglich ist, sich auf ihn vorzubreiten“, sagt Thomas Fink, Vorstandsvorsitzender der Sofistik AG in Oberschleißheim und Nürnberg. Das Unternehmen ist auf Software für die Tragswerksplanung spezialisiert und unterhält in London eine Betriebsstätte mit einem österreichischen Mitarbeiter. Ob dieser nach dem Brexit mit seiner Familie in England bleiben kann, weiß Fink nicht. „Ob wir irgendwann den Laden zusperren und unsere britischen Kunden dann aus Bayern heraus betreuen werden, steht in den Sternen.“

Völlig unklar


Genau diese Unkenntnis und Unsicherheit spiegelt auch eine Umfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) wieder. So gaben 42 Prozent der Betriebe an, dass ihnen die Auswirkungen des Brexit völlig unklar sind. Gleichzeitig geht nur ein Viertel davon aus, vom Brexit nicht betroffen zu sein. Ein weiteres Viertel hat sich noch gar nicht mit dem Brexit beschäftigt, nur elf Prozent betrachten sich als gut vorbereitet.

„Ruhe bewahren ist zwar wichtig, aber wenn Ende Oktober die Verhandlungen zu Ende sind, wird es ernst. Spätestens dann muss jedes betroffene Unternehmen wissen, auf welche Veränderungen es sich einzustellen hat, denn die Vorbereitungen können umfangreich ausfallen“, sagt BIHK-Präsident Eberhard Sasse. Im Falle eines harten Brexit seien für den Warenverkehr zahlreiche zollrechtliche Vorschriften zu erwarten. „Damit haben bislang gerade kleine und mittlere Unternehmen überhaupt keine Erfahrungen“, so Sasse. Die bayerischen IHKs stellen deshalb Informationen und eine Checkliste „Are you ready for Brexit?“ im Internet zur Verfügung.

BMW stochert im Nebel


Aber nicht nur Mittelständler sind verunsichert. Auch der Autobauer BMW stochert im Nebel. „Zurzeit führen wir unsere Geschäfte an allen unseren Standorten in Großbritannien unverändert weiter. Das künftige Verhältnis zwischen UK und der EU ist weiterhin unklar, wir prüfen daher die Auswirkungen verschiedener Szenarien auf unsere Geschäftsaktivitäten und bereiten uns entsprechend vor“, so eine Sprecherin.

Für BMW ist Großbritannien sehr wichtig. „Es ist unser viertgrößter Markt nach China, USA und Deutschland sowie die Heimat von zwei unserer Marken, nämlich Mini und Rolls-Royce“, erklärt die Sprecherin. BMW hat 2017 in England über 220.000 Autos produziert. Außerdem exportiert der Autokonzern jährlich Fahrzeuge und Motoren im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro.

Bei BMW konkurrieren intern die verschiedenen Werke um die besten Produktionsbedingungen. Ob nach dem Brexit das Werk in Oxford noch gute Karten haben wird, den Auftrag für den Bau neuer Modelle zu erhalten, bleibt abzuwarten.

Klar hingegen ist eines: Seit Großbritannien Ende März 2017 seinen EU-Austritt erklärt hat, sind die Wirtschaftsbeziehungen zu Bayerns derzeit viertwichtigstem Exportmarkt bereits spürbar eingebrochen. 2017 exportierten die bayerischen Unternehmen Waren im Wert von 13,9 Milliarden Euro auf die Insel. Das war bereits ein Minus von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
(Ralph Schweinfurth)

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