Wirtschaft

Ex-Datev-Boss Dieter Kempf soll den BDI anführen. (Foto: dpa)

14.06.2016

Vom Steuerberater zum Top-Industrielobbyisten

Als BDI-Chef hat Dieter Kempf bald auch das Ohr der Kanzlerin

Dieter Kempf ist ehrlich: Ja, er habe sich schon "gebauchpinselt" gefühlt, als ihm der Job angeboten worden sei. In seiner Lebensplanung habe das Präsidentenamt beim Industrieverband BDI eigentlich keine Rolle gespielt. Seit diesem Montag muss der frühere IT-Manager und Ex-Tonangeber beim Telekommunikations-Branchenverband Bitkom seine bisherigen Ruhestandspläne komplett über den Haufen werfen.

Spätestens von Januar 2017 an wird er gut zutun haben. Dann soll Kempf - seine endgültige Wahl im November vorausgesetzt - den mächtigsten Verband der deutschen Wirtschaft führen. Wichtigste Aufgabe: Die deutsche Industrie fit machen für das Zeitalter "Industrie 4.0". Das steht für die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion (Internet der Dinge) - hier gehört Deutschland noch nicht zu den globalen Trendsettern.

Gigantische Datenmengen erfassen


US-Internetriesen wie Google oder Apple sind dabei, auch in der Industrie anfallende gigantische Datenmengen zu erfassen, zu kontrollieren und zu Geld zu machen. Politik und Wirtschaft haben die Gefahr erkannt. So hilft es dem BDI, dass Kempf für die Bundesregierung kein Unbekannter ist. Er berät sie bereits zu Cyber-Sicherheit und Datenschutz. Der Steuerberater und Honorarprofessor gilt als einer der Väter des Finanzamt-Portals "Elster", über das Steuerpflichtige elektronisch ihre Einkommensteuererklärung erstellen und übermitteln können.

Fast 64 Jahre wird Kempf alt sein, wenn er am 1. Januar 2017 sein Amt im "Haus der deutschen Wirtschaft" antritt. Er sei im "hohen Alter" noch lernfähig und glaube, dass er das könne, gibt sich Kempf vor der Hauptstadtpresse selbstbewusst. Erfahrung hat er - sowohl im Management als auch im Lobbying. Von Juli 1996 bis März 2016 war Kempf Vorstandschef des Nürnberger IT-Dienstleisters Datev, der als Genossenschaft für Steuerberater und Buchhalter zu einem der größten Softwarehersteller in Deutschland aufstieg. Von 2011 bis 2015 führte Kempf den Verband Bitkom und war in dieser Zeit BDI-Vizepräsident.

Unabhängigkeit ist wichtig


Wichtig ist dem gebürtigen Münchner mit dem grauen Schnauzbart seine Unabhängigkeit. Er habe kein Parteibuch, sagt Kempf und schiebt beim Auftritt mit Noch-BDI-Chef Ulrich Grillo gleich nach: "Und zwar gar keins." Kempf, Vater einer Tochter, passionierter Ski- und Motorradfahrer, der in seiner Freizeit als Sänger und Gitarrist einer Band ausspannt, gilt als streitbarer Chef. Nach eigener Aussage verhandelt er die Gegenseite auch gern mal müde - oder haut mit der Faust auf den Tisch, wenn es "bedarfsorientiert" ist. Ja, cholerisch könne er sein, gibt Kempf ganz offen zu, der seiner Karriere als einer der ersten Mitarbeiter bei McDonald's in Deutschland begonnen hatte. Dort war er während seines Studiums auch im Leitungsteam der ersten deutschen Filiale der Fast-Food-Kette tätig.

Grillo, der Ende 2016 nun als BDI-Boss aufhört und ein paar Jahre jünger als Kempf ist, ließ lange offen, ob er für eine weitere Amtszeit antritt. Der stets bestens gekleidete und gescheitelte Duisburger Familienunternehmer findet es gut, dass ein Neuer kommt. Vier Jahren an der BDI-Spitze seien genug.
Hans-Olaf Henkel, der sechs Jahre machte, wolle er jedenfalls nicht nacheifern. "Diesbezüglich ist er auch nicht mein Vorbild", sagt Grillo in Anspielung auf Henkels frühere AfD-Mitgliedschaft. Als "lame duck" - als einflussloser Verbandschef also - werde er die verbleibenden sechseinhalb Monate als BDI-Chef aber keinesfalls auftreten. So trat Grillo auch nie auf. Bis zum Wechsel kann er seinem Nachfolger Kempf noch einiges für den täglichen Lobbykampf mit der Politik mitgeben - und die Handynummer der Kanzlerin sicher auch.

(André Stahl, Tim Braune, dpa)

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