Wirtschaft

Der Eingang zum Hauptgebäude des Genossenschaftsverbands in der Münchner Türkenstraße. (Foto: GVB)

13.03.2019

Wachstum stützt Zinsergebnis

Bayerns Volks- und Raiffeisenbanken bleiben auf Wachstumskurs

Für die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken war auch 2018 wieder ein starkes Wachstumsjahr. Ertragsmäßig sei man jedoch wieder in der Normalität angekommen, erklärte Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), im Rahmen des Bilanzpressegesprächs zum abgelaufenen Geschäftsjahr in München. Allerdings, so Gros, seien die Volks- und Raiffeisenbanken nicht immun gegen finanz- und wirtschaftspolitische Turbulenzen. Auf der anderen Seite gehören Bayerns Volks- und Raiffeisenbanken zu den stabilsten und rentierlichsten Finanzhäusern in Europa, betonte der GVB-Präsident. Aus diesem Grund gehe man auch optimistisch und zuversichtlich in das Geschäftsjahr 2019, wohlwissend um Umwägbarkeiten, die jederzeit auftreten können.

Sowohl im Privat- als auch im Firmenkundensegment legten die Kreditgenossenschaften zu. Dadurch erhöhte sich die addierte Bilanzsumme der 236 Mitgliedsinstitute um 7,5 Milliarden Euro (+ 4,7 Prozent) auf 167,6 Milliarden Euro.

„Die Genossenschaftsbanken haben ihre starke Marktposition im Freistaat ausgebaut. Getragen von der guten Konjunkturlage sind die Institute gemeinsam mit ihren Kunden gewachsen. Insbesondere der Mittelstand hat investiert und entsprechend Kredite abgerufen. Die Sparer legten bei ihren genossenschaftlichen Hausbanken mehr Einlagen als in der Vergangenheit auf die hohe Kante. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben 2018 eine gute Entwicklung genommen“, kommentierte der GVB-Präsident den Geschäftsverlauf. Jahr für Jahr nehme am den anderen Banken Marktanteile ab, so Gros. Die Institute zählen im Freistaat 6,5 Millionen Kunden. Davon sind 2,7 Millionen Mitglieder und somit Miteigentümer.

Die deutliche Zunahme der Kundengelder im Lauf des vergangenen Jahres zeigt für Gros das unverändert hohe Vertrauen der Kunden in die genossenschaftlichen Regionalbanken. Die von den Instituten verwalteten Einlagen wuchsen trotz der marktbedingt niedrigen Sparzinsen stärker als im Vorjahr. Sie stiegen zum 31. Dezember 2018 um 5,9 Milliarden Euro (+ 4,8 Prozent) auf 130,1 Milliarden Euro.

Unter Berücksichtigung von Geldern, die bei Partnerunternehmen wie Union Investment oder der Bausparkasse Schwäbisch Hall angelegt sind, betreuten die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken zu diesem Stichtag Anlagen im Wert von 209,0 Milliarden Euro (+ 6,5 Milliarden Euro beziehungsweise + 3,2 Prozent). Als Grund für den Zuwachs nannte der GVB-Präsident insbesondere die gestiegene Sparquote der Privathaushalte – ein größerer Teil des Einkommens wird nämlich gespart – die zum Jahresende mit 10,3 Prozent den höchsten Stand seit 2008 erreichte.

Den Bestand an ausgereichten Krediten steigerten die bayerischen Genossenschaftsbanken 2018 um 5,9 Milliarden Euro (+ 6,1 Prozent) auf 102,4 Milliarden Euro. Wachstumsmotor sei wie schon 2017 das Geschäft mit mittelständischen Kunden gewesen, denen die Banken zum Jahresende Kredite in Höhe von 53,2 Milliarden Euro (+ 3,8 Milliarden Euro oder + 7,6 Prozent) zur Verfügung gestellt hatten.

Auf ein nachhaltiges Neugeschäft angewiesen

Das Wachstumstempo im Bau- und Immobiliengeschäft ist laut Gros weiterhin hoch gewesen, habe sich aber gegenüber dem Vorjahr verlangsamt. Dafür hätten die an Betriebe aus anderen Branchen – wie dem Agrarsektor, dem Handel oder dem Verarbeitenden Gewerbe – ausgereichten Darlehen stärker als 2017 zugenommen. „Das Kreditwachstum im Firmenkundenbereich steht auf breiter Basis. Erstmals seit 2012 haben die Institute in sämtlichen Branchen mehr Kredite ausgereicht als im Jahr zuvor“, hob der GVB-Präsident hervor.

Erfreulich entwickelt haben sich auch die über Verbundunternehmen an Kunden vermittelten außerbilanziellen Kredite. Deren Bestand nahm um 1,5 Milliarden Euro (+ 11,1 Prozent) auf 14,7 Milliarden Euro deutlich zu. Dieser Zuwachs ist nach Gros’ Worten vor allem auf die große Nachfrage nach langlaufenden Baufinanzierungen zurückzuführen, die viele Volks- und Raiffeisenbanken in Kooperation mit Hypothekenbanken und Bausparkasse anbieten.

„Mit ihrem Kredit- und Einlagenwachstum knüpfen Bayerns Genossenschaftsbanken an die erfolgreiche Geschäftsentwicklung der vergangenen zehn Jahre an“, sagte Gros. Seit 2008 hätten sich die verwalteten Bestände an Kundengeldern und Darlehen stärker als der Marktdurchschnitt erhöht und weiteten ihre Bilanzsumme um 47 Prozent aus. Deshalb kletterte allein der Marktanteil im Firmenkundenkreditgeschäft laut der aktuellsten Bundesbank-Statistik zum Halbjahr 2018 auf 20,6 Prozent. Der Marktanteil im Privatkundenkreditgeschäft erreichte 25,0 Prozent. Dazu der GVB-Präsident: „Genossenschaftsbanken sind fester und unverzichtbarer Partner von Mittelstand und Privathaushalten in Bayern.“

Die Zinssituation belastet die Ertragslage der GVB-Mitgliedsbanken nach wie vor, erklärte Gros. So nahm das Zinsergebnis als wichtigster Ertragsbringer im Vorjahresvergleich um 57 Millionen Euro (- 1,9 Prozent) auf 2,956 Milliarden Euro ab. Durch die Ausweitung des Kreditvolumens gelang es den Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat jedoch, einen noch stärkeren Rückgang abzuwenden. „Die Banken sind auf nachhaltiges Neugeschäft angewiesen.“ Bei einem stagnierenden Bilanzvolumen, das heißt, ohne Wachstum bei den Kreditvergaben, wäre der Zinsüberschuss um rund 188 Millionen Euro gesunken“, machte Gros deutlich. Ebenfalls positiv wirkte sich die Steigerung des Provisionsüberschusses aus, der mit 1,094 Milliarden Euro um 64 Millionen Euro (+ 6,2 Prozent) höher ausfiel als im Vorjahr. Damit hätten die Institute ihre Ve
rtriebsstärke unter Beweis gestellt, so der GVB-Präsident.

Das hohe Kostenbewusstsein der bayerischen Kreditgenossenschaften schlug sich auch in einer weiter rückläufigen Kostenspanne nieder. Das Verhältnis von Betriebskosten zur Bilanzsumme verringerte sich um 0,06 Prozentpunkte auf 1,60 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (dBS). In Euro ausgedrückt erhöhten sich die Kosten leicht um 22 Millionen Euro (+ 0,8 Prozent) auf 2,613 Milliarden Euro. Laut Gros entfielen davon 60 Prozent auf die Personalkosten, 35 Prozent auf den Sachaufwand – vor allem auf verstärkte Investitionen in digitale Vertriebswege – und fünf Prozent auf Abschreibungen. Der GVB-Präsident zeigte sich mit der Kostenentwicklung dennoch zufrieden. Die Aufwand/Ertrag-Relation notiert mit 64,7 Prozent – das heißt, um einen Euro zu verdienen, mussten die Genossenschaftsbanken 64,7 Cent einsetzen – für das Gesamtjahr vor-aussichtlich erneut deutlich unterhalb des Branchendurchschnitts. Die Kennzahl erhöhte sich aber im Vorjahresvergleich um 0,6 Prozentpunkte.

Die Institute haben die Risiken im Kreditgeschäft im Griff, betonte Gros. Aufgrund der guten Wirtschaftslage im Verbandsgebiet konnten sie Risikovorsorge in Höhe von 49 Millione Euro auflösen (2017: 31 Millionen Euro). Wertkorrekturen im Wertpapierbestand der Institute würden jedoch das Ergebnis belasten. Diese resultieren nach den Worten des GVB-Präsidenten aus den Unsicherheiten an den Finanzmärkten. Die bayerischen Kreditgenossenschaften mussten die Kursrückgänge mit einer Wertberichtigung in Höhe von 310 Millionen Euro zum 31. Dezember 2018 in der Gewinn- und Verlustrechnung abbilden (2017: - 62 Millionen Euro). „Erholen sich die Kurse, kann in zukünftigen Geschäftsjahren wieder zugeschrieben werden.“

Respektablen
Gewinn erwirtschaftet

Trotz der Niedrigzinsen und der Belastungen an den Finanzmärkten erzielten die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken im Geschäftsjahr 2018 ein Ergebnis vor Steuern in Höhe von 1,241 Milliarden Euro (2017: 1,481 Milliarden Euro). „Bayerns Kreditgenossenschaften haben unter teils schwierigen Rahmenbedingungen einen respektablen Gewinn erwirtschaftet“, sagte der GVB-Präsident. „Die Ergebnisentwicklung stellt für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken nach dem sehr guten Vorjahr eine Rückkehr zur Normalität dar.“ In Relation zur Bilanzsumme liegt der Gewinn im 20-Jahres-Durchschnitt.

Eine neue Bestmarke und damit einen Beweis für ihre Solidität schafften die Kreditgenossenschaften bei der Kapitalausstattung. So steigerten sie die harte Kernkapitalquote, die sich um 0,3 Prozentpunkte auf beachtliche 15,7 Prozent (= 15 Milliarden Euro) zum Jahresende verbesserte. „Die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken zählen damit weiterhin zu den stabilsten Banken Europas“, stellte Gros fest.

Für das laufende Jahr sind die Genossenschaftsbanken trotz der eingetrübten Konjunkturaussichten zuversichtlich. „Die ersten Monate sind ordentlich angelaufen“, sagte der Verbandspräsident. Der GVB rechnet 2019 mit fortgesetztem, aber weniger temporeichem Wachstum im Kredit- und Einlagengeschäft als 2018. Zudem wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinswende frühestens 2020 einläuten. „Das Zinsumfeld wird uns also noch eine Weile erhalten bleiben und die Ertragslage prägen“, so Gros.

Mit Blick auf die bevorstehende Europawahl am 26. Mai 2019 hat der GVB fünf Grundsätze formuliert. So soll Europa verstärkt auf Subsidiarität und Verhältnismässigkeit achten. Aber auch der Haftunsgedanke, die Regeltreue und die „Vorfahrt für KMU“ (kleine und mittlere Unternehmen) liegen den bayerischen Genossenschaftsbanken sehr am Herzen. „Wenn diese Grundsätze sich wieder im Leitbild der EU finden, wird sie auch in Zukunft ein Garant für Stabilität und Wohlstand in Europa, Deutschland und Bayern sein“; erklärte Gros. (Friedrich H. Hettler)

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