Wirtschaft

Damit die Luegbrücke nicht zusammenbricht, ist sie bereits vor zwei Jahren an vier neuralgischen Stellen mit Stahlstützen (für bessere Sichtbarkeit orange eingefärbt) und daraufliegenden Fachwerken abgestützt worden. (Foto: Asfinag)

14.02.2025

Wenn am Brenner nichts mehr geht

Die Sanierung der Luegbrücke sorgt für Chaos auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung

Seit 1. Januar 2025 ist die Brennerautobahn im Bereich der Luegbrücke je Richtung nur noch einspurig befahrbar. Denn die Brücke muss dringend saniert werden (Staatszeitung berichtete). Doch das sorgt jetzt schon für gigantische Staus – und die Reisesaison hat noch gar nicht begonnen.

„Pro Stunde können etwa 400 Lkw über den Brenner fahren. Wenn jetzt einer im einspurigen Abschnitt liegen bleibt, wie vor Kurzem, stauen sich gleich mal 1500 Lkw. Denn bis zu 4 Stunden dauert es, bis der Unfall-Lkw geborgen ist“, erklärt Georg Dettendorfer, Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition aus Nussdorf am Inn (Landkreis Rosenheim), der Staatszeitung. Er fürchtet, dass sich die Situation in den kommenden Monaten noch verschärfen wird.

Nachts mit E-Lkw über den Brenner fahren

Darum hat er mit der Dettendorfer Energy GmbH (Zusammenschluss der Spedition Dettendorfer und des regionalen Energieversorgers Energie Südbayern) am Inntaler Autohof einen Schnellladepark eröffnet. Dort können E-Lkw geladen werden. „Ende des Monats wird von einem italienischen Partner ein ähnlicher Ladepark in Bozen fertig sein. Dann können die Sattelauflieger mit E-Zugmaschinen nachts über den Brenner fahren. Denn für E-Fahrzeuge gilt auf der Brennerstrecke kein Nachtfahrverbot“, erklärt Dettendorfer. Doch das Ganze hat seinen Preis. „Eine E-Zugmaschine ist ungefähr dreimal so teuer wie ein konventionell betriebener Lkw“, erläutert der Speditionschef.

Aber immerhin kann diese Lösung für Abhilfe sorgen. Denn das österreichische Bundesland Tirol lehnt eine Verkürzung des Nachtfahrverbots kategorisch ab. Dabei würde es schon viel bringen, wenn die Lkw nicht erst um 5.00, sondern schon um 3.00 Uhr morgens auf die Inntalautobahn könnten. Dann würden sie nicht um 7.00 Uhr in den Berufsverkehr rund um Innsbruck geraten. Aber Tirol bewegt sich nicht und argumentiert, dass es seine Bevölkerung schützen müsse.

Diese Unflexibilität angesichts der Großbaustelle Luegbrücke nervt nicht nur deutsche Spediteure. „Ich habe vor Kurzem mit einem Vertreter der Wirtschaftskammer Steiermark gesprochen, der das Tiroler Verhalten in dieser Angelegenheit als Frechheit bezeichnet“, sagt Stephan Doppelhammer, Hauptgeschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen LBT. Er verweist darauf, dass Italien Klage gegen das Tiroler Vorgehen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht hat. „Jetzt müssten sich nur noch andere europäische Länder dieser Klage anschließen“, so Doppelhammer.

Pragmastische Lösungen müssen her

Doch bis auf juristischem Weg etwas entschieden ist, müssen pragmatische Lösungen her. Speditionschef Dettendorfer bringt die Bahn ins Spiel. Doch der Gütertransport auf der Schiene ist teurer als auf der Straße. „Außerdem kann man maximal 2 Prozent des Transportvolumens über den Brenner mit der Bahn bewältigen“, erklärt er.

Insgesamt ist die Situation ziemlich verfahren. Die Staus durch die Einspurigkeit im Bereich Luegbrücke haben bereits ein Todesopfer gefordert. „Kommt es dort zu einem Unfall, wird sofort mit Blockabfertigung reagiert. Und wenn es schneit, kommt es zu unangekündigten Fahrverboten“, so LBT-Hauptgeschäftsführer Doppelhammer. Das lasse den Warenverkehr über den Brenner zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. „Die betroffenen Spediteure haben derzeit eine sehr kurze Zündschnur“, sagt Doppelhammer.

Doch nicht nur die Spediteure leiden. Auch die Endverbraucher hierzulande werden es bei Lebensmitteln aus Italien merken – entweder sind sie nicht verfügbar oder teurer. In Südtirol geht laut Doppelhammer die Tourismusbranche auf die Barrikaden, denn der Brenner ist die Hauptanreiseroute für Gäste aus Nord- und Mitteleuropa.

Die Politik muss den Druck auf Tirol hochhalten

„Die Politik muss den Druck auf Tirol hochhalten“, sagt Doppelhammer. Denn der Brenner droht zum jahrzehntelangen Nadelöhr zu werden, hat doch erst vor ein paar Tagen die österreichische Autobahnbetriebsgesellschaft Asfinag angekündigt, dass auch die Europabrücke auf der Brennerautobahn saniert werden muss. „Die gesamte Brennerautobahn ist sanierungsbedrüftig, auch auf italienischer Seite, denn sie ist seit über 50 Jahren in Betrieb“, erklärt Doppelhammer. Deshalb seien für den Warenverkehr zwischen Süd- und Nordeuropa politische Lösungen gefragt.

Auf die Tauernautobahn auszuweichen bedeutet laut Speditionschef Dettendorfer Mehrkosten für die Kunden und 200 Kilometer Umweg. „Durch die Schweiz zu fahren ist schwierig, weil es ein Drittland ist und die Zollabfertigung viel Bürokratie auslöst“, so Dettendorfer.

Auf die Fertigstellung des Brennerbasistunnels zu hoffen, ist auch keine Lösung. Denn dieser wird erst 2032 in Betrieb gehen.
(Ralph Schweinfurth)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Bayerns Kommunen eine Verpackungssteuer einführen?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.