Wirtschaft

Intendant Axel Baisch (links) und Christian Baier, Künstlerischer Direktor, setzen bei den diesjährigen Gluck-Festspielen auf das Motto „Zeitkultur/Streitkultur“. (Foto: Ludwig Olah)

18.03.2016

Wenn Kunst zum Standortfaktor wird

Die Internationalen Gluck-Opern-Festspiele in der Metropolregion Nürnberg rechnen sich auch volkswirtschaftlich

Kultur ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zum einen bringt sie Umsatz in eine Region, zum anderen sorgt sie als „weicher Standortfaktor“ dafür, dass sich Hochqualifizierte in einer Region niederlassen. Aber sie sorgt mit ihren Themen auch für öffentlichen Diskurs, der einer Region überregional Aufmerksamkeit verleiht. Insofern ist Kultur kein „weicher“, sondern ein wichtiger, harter Standortfaktor. Die Internationalen Gluck-Opern-Festspiele in der Metropolregion Nürnberg erfüllen genau diese Kriterien. Mit ersonnen von Hans-Peter Schmidt, dem Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats der Nürnberger Versicherungsgruppe, als künstlerisches Alleinstellungsmerkmal, um in Brüssel die Anerkennung für den Titel „Europäische Metropolregion“ zu erhalten, sind die vergleichsweise recht jungen Festspiele mittlerweile zum festen Bestandteil des Kulturbetriebs in Nordbayern geworden. „Wir hatten bei den letzten Gluck-Festspielen knapp 5000 Zuschauer – rund 15 Prozent davon kamen nicht aus der Metropolregion Nürnberg“, sagt Intendant Axel Baisch der Staatszeitung. Der Etat der Gluck-Festspiele 2016 von rund 1,1 Millionen Euro sorgt nicht nur für Umsatz in Hotellerie und Gastronomie sowie für steuerliche Rückfluss-Effekte; die Festspiele 2016 spielen auch zwischen 160.000 und 200.000 Euro ihrer Kosten via Verkauf von Eintrittskarten wieder ein. „Nach vorläufigen Berechnungen liegt der Umwegrentabilitätsfaktor der Festspiele 2016 bei zirka 2,1“, so Baisch. Dieser positive Wert zeige, dass – neben all den künstlerischen und kulturpolitischen Effekten – aus den Gluck Festspielen 2016 voraussichtlich mehr Geld in die Metropolregion Nürnberg zurückfließe als aus öffentlichen Mitteln dort finanziert werde.

Lohn und Brot für rund 700 Künstler


Das an zehn Spielorten stattfindende Opern-Festival sorgt aber auch für Lohn und Brot von rund 700 Künstlern inklusive technischem und dramaturgischem Personal. Möglich machen die Festspiele neben den 350.000 Euro Förderung von Stadt Nürnberg und Freistaat Bayern aber vorwiegend die Sponsoren. Es sind namhafte Firmen wie die Nürnberger Versicherungsgruppe, Müller Medien, die Mercedes-Niederlassung Nürnberg, die NürnbergMesse, die Schöller Stiftung, die Kulturstiftung der IHK Nürnberg für Mittelfranken, die Metropolregion Nürnberg e.V., die LfA Förderbank Bayern und die „Freunde der Staatsoper“.

Die diesjährigen Gluck-Festspiele, die im Juli stattfinden werden, stehen unter der Schirmherrschaft von Finanz-, Heimat- und Landesentwicklungsminister Markus Söder (CSU). Bei so viel staatlichen Engagement ist es allerdings etwas verwunderlich, warum im Gegensatz zu 2014, keine einzige Aufführung in der Staatsoper Nürnberg stattfindet – und das, obwohl während der Festspielzeit lediglich eine einzige spielplanmäßige Aufführung von Rigoletto im Opernhaus angesetzt ist. Die Festspiele 2016 hätten gerne – nach dem Erfolg von Glucks „Paris und Helena“ in 2014 am selben Ort – auf eigene Kosten eine zweite szenische Neuproduktion in der Staatsoper realisiert. Ob das der Freistaat als Zuschussgeber der Staatsoper und der Gluckfestspiele einfach so hinnehmen wird, bleibt abzuwarten.

Inhaltlich werden sich die Gluck-Festspiele dieses Jahr dem Motto „Zeitkultur/Streitkultur“ widmen. „Als wir das vor eineinhalb Jahren planten, wussten wir nicht, wie aktuell wir angesichts der Flüchtlingsfragen und der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen rund um den Globus sein werden“, sagt Christian Baier, Künstlerischer Direktor der Gluck-Festspiele, der Staatszeitung. „Es geht um die Frage des konstruktiven oder des destruktiven Diskurses, sprich um das gemeinsame Verantwortung tragen für ein Thema, um das man sich streitet.“ Laut Baier gehe es derzeit politisch und gesellschaftlich lediglich ums Recht haben, Recht haben wollen und Recht bekommen – nicht um die Konfliktlösung. Diese Rechthaberei sorge für immer neue Eskalationsstufen.

„Das haben wir bei den Gluck-Festspielen am Pariser Opernstreit festgemacht“, so Baier. Der aus der Metropolregion Nürnberg stammende Komponist Christoph Willibald Gluck sei zwar eindeutig als Sieger aus diesem damaligen Streit hervorgegangen, aber sein Kontrahent Niccolò Piccinni blieb in Paris und begründete maßgeblich die Tradition der „Grande Opéra“, erklärt Baier. Auf dieser wiederum baute Richard Wagner auf und somit geriet Gluck immer mehr in Vergessenheit. Gluck war Baier zufolge der eigentliche Querdenker und Erneuerer der Oper in seiner Zeit kurz vor der Französischen Revolution.

Querdenken, Innovationen schaffen, das ist auch der Motor für wirtschaftliches Wachstum. Nur wer gegen den Konformismus denkt, egal in welcher Disziplin – Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – kann Neues ersinnen. Das hat auch Gluck. Insofern ist es im ureigensten Interesse der Sponsoren der Gluck-Festspiele, für Innovation in ihren Unternehmen zu sorgen, indem sie einem großen Querdenker Raum verschaffen und dessen Erbe aufführen.
(Ralph Schweinfurth) www.internationale-gluck-opern-festspiele.de

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