Die Hessen waren die ersten, dann folgten die Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und nun auch Bayern: An den Fachhochschulen, den heutigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften, können Absolvent*innen künftig den Doktorgrad erhalten.
Diesbezügliche Wünsche und Forderungen gibt es schon seit Jahren. Das Promotionsrecht an Fachhochschulen ist ein viel diskutiertes Thema – welches in Bayern mit dem neuen, im Sommer 2022 umgesetzten Hochschulgesetz Realität wurde. Bereits 2019 wurde es von der Staatsregierung auf den Plan gesetzt und mit einer Grundfinanzierung der Weg geebnet.
Zur Diskussion standen bereits vorher drei verschiedene Modelle für die Promotion an den Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW), wie Fachhochschulen heute offiziell heißen. Das waren einmal das Promotionsrecht speziell für forschungsintensive Bereiche in den HAW, ein Kooperationsmodell zwischen Universität und HAW und eine hochschulübergreifende Forschungskooperation.
Widerstand gab es dagegen vor allem aus dem universitären Bereich – wo man eine Entwertung der eigenen Promotion befürchtete, wenn dies an Fachhochschulen auch möglich wäre. So äußerte sich auch der damalige Präsident der Technischen Universität München, Wolfgang A. Herrmann. Auch die frühere Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) zeigte sich heuer noch skeptisch, was die Promotion an Fachhochschulen angeht. Sie warnte davor, dass diese Einrichtungen „keine kleinen Universitäten“ werden sollten.
Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz im Sommer 2022 bereitete den Weg
Während es in Hessen das Promotionsrecht für die HAW bereits seit 2017 gibt und als erster Einrichtung an der HAW Fulda – nach einer Evaluationsphase – etabliert wurde, öffnete man in Bayern den Weg im Sommer 2022 mit der Verabschiedung des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG). Auch in Nordrhein-Westfalen ermöglicht man seit 2022 den Zugang zur Promotion an Fachhochschulen. Das dortige Ministerium für Kultur und Wissenschaft verlieh dem Promotionskolleg für angewandte Forschung der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen (Promotionskolleg NRW) das eigenständige Promotionsrecht. 21 Fachhochschulen in NRW dürfen nunmehr Promotionsverfahren durchführen und Doktorgrade verleihen.
Bisher waren Promotionen für Studierende an HAW nur in Kooperation mit einer Universität möglich. NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes vollzog die symbolische Verleihung des Promotionsrechts an das Promotionskolleg des Landes am 17. November dieses Jahres bei einem feierlichen Festakt in Essen. Das Promotionsrecht erfolgt zunächst unbefristet. Dazu ist nach acht bis zehn Jahren eine wissenschaftliche Begutachtung geplant.
Auch in Baden-Württemberg sollen seit diesem Jahr die HAW die Möglichkeit zu Promotionen haben. Die 21 staatlichen und drei kirchlichen Hochschulen im Land haben dafür einen „Promotionsverband der Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ gegründet. Die HAW sehen mit dem Promotionsrecht bessere Möglichkeiten für die Forschungsarbeit. Deshalb rechnet man auch damit, dass immer mehr Bundesländer diese Richtung einschlagen werden.
Unterschiedliche Modalitäten in den Ländern
Allerdings gibt es von Bundesland zu Bundesland bereits jetzt recht unterschiedliche Modalitäten. In Bayern müssen die entsprechenden HAW Promotionszentren gründen und können für sich allein oder im Verbund mit bis zu zwei weiteren Hochschulen dies umsetzen.
Mit dem neuen Gesetz in Bayern sind auch weitere Erleichterungen für die bayerischen Hochschulen vorgesehen. Dazu gehört unter anderem die Förderung des sogenannten Entrepreneurships. Der Begriff steht für Kreativität, Innovation und unternehmerisches Wagnis. Künftig können Hochschulen Unternehmensgründungen sowie Beteiligungen an Unternehmen leichter realisieren. Außerdem sollen zusätzliche Freiheiten beim Hochschulbau oder bei Anmietungen von Räumlichkeiten den Hochschulen die Möglichkeit geben, Bauvorhaben rascher zu realisieren. Finanzielle Rahmenbedingungen sollen durch verdichtete Titelstrukturen verbessert werden. Mittelfristig soll es auch hochschuleigene Gründerzentren und Gründungsfreisemester für die Professor*innen geben.
Sehr zufrieden mit den verbesserten Rahmenbedingungen zeigt sich beispielsweise Walter Schober, Vorsitzender von Hochschule Bayern e. V. und Präsident der Technischen Hochschule Ingolstadt: „Das Hochschulinnovationsgesetz ist vor allem der Innovationsturbo für die bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften. In Verbindung mit der Hightech Agenda Bayern (HTA) wird damit das Potenzial der Hochschulen deutlich gesteigert.“ (Georg Weindl)
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