Es geht um Energie, um Barrierefreiheit, um Plätze, an denen man verweilen möchte: Der Münchner Stadtteil Neuaubing/Westkreuz soll schöner werden. In den nächsten Jahren werden 16 Millionen Euro in das in die Jahre gekommene Gebiet gepumpt.
Das größte Sanierungsgebiet Bayerns würde wohl kaum einer ausgerechnet in der Landeshauptstadt vermuten. Doch genau da liegt es: Ganz am westlichen Rand von München, in unmittelbarer Nähe zum neu entstehenden Stadtteil Freiham. In Neuaubing/Westkreuz sollen bis zum Jahr 2021 fast 16 Millionen Euro an Städtebauförderungsmitteln investiert werden, damit das Viertel lebenswerter wird. Bund und Freistaat steuern 60 Prozent bei, der Rest kommt von

der Stadt.
Europaweit ganz oben
Neben dem Spitzenplatz in Bayern soll das Sanierungsgebiet in Bezug auf die Größe auch europaweit die Rangliste anführen.
"Durch die Städtebauförderung haben wir die Möglichkeit, festgestellte städtebauliche Missstände zu beheben", erläutert Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk. 350 Hektar fasst das Gebiet, 23.000 Menschen leben dort. Und zwar gerne, wie Willi Fries sagt. Er ist ein Bewohner der ersten Stunde, lebt seit bald 50 Jahren dort und ist der ehemalige Vorsitzende des Vereins Kultur am Westkreuz. "Es sind alle glücklich, dass sie hier wohnen", erzählt er. Es gebe viel Platz für Kinder sowie ein reges kulturelles Leben mit Straßenfesten, Faschingstreiben und dem Johannisfeuer als jährlichem Höhepunkt. Viel Grün, viel Platz, eine "hervorragende S-Bahn-Anbindung": "Das Westkreuz ist eines der besten Wohngebiete Münchens", findet Fries.
Schnell im Grünen
Bernhard Vocke, Pfarrer der evangelischen Adventsgemeinde Neuaubing, bestätigt den Eindruck. "Das Wort Sanierungsgebiet vermittelt vielleicht einen etwas falschen Eindruck. Ich denke, dass die Menschen hier gerne wohnen. Man ist schnell im Grünen und in der Stadt, die Mieten sind bezahlbar."
Die Neuaubinger fühlten sich wohl in ihrem Viertel. "Die Menschen, mit denen ich spreche, sind nicht so interessiert, aber da spricht auch Zufriedenheit daraus", sagt Vocke.
Wer durch das größte Sanierungsgebiet Bayerns spaziert, gewinnt denn auch nicht den Eindruck einer heruntergekommenen Ecke. Neuaubing ist im Kern eher geprägt durch kleinere Mehr- und Einfamilienhäuser, umgeben von teilweise farbenfroh gestrichenen Hochhäusern.
Brachflächen erschließen
Anders ist das Bild am Westkreuz. Umgeben von Grünflächen reiht sich dort ein Hochhauskomplex an den nächsten, die meisten aus den 60er und 70er Jahren. Das Gebiet sei kein sozialer Brennpunkt und nicht vergleichbar etwa mit dem auch überregional berüchtigten Stadtteil Hasenbergl, sagt Sebastian Kriesel (CSU), Vorsitzender des Bezirksausschusses Aubing-Lochhausen-Langwied. "Brennende Autos, Zustände wie in Pariser Vorstädten - da sind wir meilenweit davon entfernt", betont auch Stadtteilmanager Daniel Genée.
Doch was liegt dann im Argen? Kriesel zählt auf: Der bautechnische Standard vieler Wohnungen sei nicht mehr zeitgemäß. Sie sind nicht barrierefrei, mit Aufzügen, die im Zwischengeschoss halten. Außerdem sollen brachliegende Flächen zu Naherholungsgebieten werden, Lichtmasten und Parkbänke den Aufenthalt angenehmer machen. Zudem sollen zwei Ladenzentren abgerissen und neu gebaut werden, um einen "Trading-down-Effekt" zu vermeiden, bei dem es zu einer Zunahme von Billiganbietern oder gar Leerstand kommt.
Ladenvielfalt erhalten
Das sei tatsächlich ein Thema, dass den Menschen am Herzen liege, berichtet Pfarrer Vocke unter Bezug auf die Haupteinkaufsstraße im Viertel. "In der Limesstraße sehen viele mit Besorgnis, dass das Niveau der Ladenstruktur sinkt, da gibt es dann mehr Handyläden als Drogerien." Viele befürchteten, zwischen dem Nachbarstadtteil Pasing mit einem großen Einkaufszentrum und dem neuen Stadtteil Freiham unterzugehen, sagt Stadtteilmanager Genée. Doch man wolle verhindern, dass Menschen nach Freiham abwandern.
Auf dem Neubau der Ladenzentren liegt Genée zufolge ein starker Fokus. Mitte 2016 soll der Abriss einer Zeile am größten Hochhaus des Viertels, dem "Ramses", beginnen, der Abschluss ist bis 2018 geplant. Auch das zweite Zentrum in Neuaubing, "praktisch tot und als Angstraum definiert", soll verschwinden, allerdings erst 2021. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es aber auch hier Positives: 2013 wurde die dortige Mittelschule zur besten Deutschlands gekürt. (
Martina Scheffler, dpa)
Abbildung:Stadtteilmanager Daniel Genee Münchner Stadtteil Westkreuz neben einer Fensterwerbung mit der Aufschrift "aktive Zentren - Neuaubing - Westkreuz". (Foto: dpa)
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